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Phädra

Phädra
http://www.nordbayern.de/ein-naturereignis-sunnyi-melles-als-phadra-1.109442
http://www.focus.de/kultur/kunst/festspiele-ein-naturereignis-sunnyi-melles-als-phaedra_aid_543114.html
http://www.welt.de/die-welt/kultur/article9101574/Ich-liiiiiiieeeeebe.html

Die Liebe – eine Himmelsmacht
Zum Schluss steht Theseus ratlos über der Leiche seiner Frau: Wer wird je das Blut begreifen? Mächte, über die selbst er als König keine Kontrolle mehr hat, haben von seinem Leben Besitz ergriffen und er steht fassungslos vor einem Scherbenhaufen.
Ein helles Lichtband umschließt den Bühneneingang. Die in seiner Mitte befestigte drehbare Wand schiebt Phädra auf die Bühne. Sie leidet und will ihrem Leben ein Ende setzen. Sie (Sunnyi Melles) liebt den Sohn ihres Mannes, Hippolytos (Philipp Hauß), aus erster Ehe. Je mehr sie sich gegen die unzüchtigen Gefühle wehrt, desto stärker scheinen sie ihr Leben zu bestimmen. Immer wieder wendet Phädra den Blick nach oben und befragt die Götter angesichts ihrer eigenen Ohnmacht. Auch bei Hippolytos hat die Göttin Venus ihren Pfeil verschossen: Er liebt die Amazonentochter Arikia, eine ganz und gar unpassende Partie für einen Königsohn. Der totgeglaubte Theseus (Paulus Manker) kehrt zurück und eine Spirale aus Intrigen, Macht, Liebe, Rache und Wut nimmt ihren Lauf.
Die zarte, helle Melles verströmt sich mit halboffenem Morgenmantel in totalem Gefühlsüberschwang auf der Bühne. Manker ist der gewichtige Machtmensch, der erst zu spät auf die Zwischentöne hört. Hauß ist ein hemdsärmeliger Herrschersohn, der sich mit Schüchternheit und Bedächtigkeit den neuen Gefühlserfahrungen stellt.
Spannend wie einen Thriller hat Matthias Hartmann am Wiener Burgtheater das Antikendrama von Racine umgesetzt. Mit klarer Ästhetik und Gefühlsanalyse hat er das Herz-Schmerz-Drama entschlackt und auf heutige Sehgewohnheiten zugeschnitten. Schwarz ist die Drehwand auf der einen Seite, weiß auf der anderen. Das Glück der Einen ist das Unglück der Anderen. Es verschwindet so schnell, wie es auftauchte. Beide Seiten gehören im Leben untrennbar zusammen. Die Spiele um Liebe und Macht fordern Tote. Wohl dem, der dann immer einen Gott findet, den er dafür verantwortlich machen kann. Doch wie viel besser wäre es, wenn der Mensch gelernt hätte, für seine Handlungen selbst Verantwortung zu übernehmen.
Birgit Schmalmack vom 20.10.10

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