Nacht ohne Arbeit
Nacht ohne Arbeit
Im Vorlauf des Körber-Junge-Regie-Festivals, das am Samstag auf Thalia in der Gaußstraße begann, wurde die schon im Dezember erfolgreich gezeigte „Nacht ohne Arbeit“ wiederholt. Sie zeigte drei Arbeiten junger Regisseure aus Hamburg, die außer Konkurrenz zu den noch folgenden Teilnehmerbeiträgen der übrigen Hochschulen laufen.
In „Kitchen“ führt ein Yuppie-Ehepaar (Katharina Behrens, Johannes Schäfer) vor, wie sich die Maximen des Heuschrecken-Kapitalismus auf dem Gebiet der privaten Beziehung auswirken. Der Mann verliert seine gut dotierte Stelle, die darin bestand den Gewinn seines Unternehmens zu maximieren, indem er das Personal minimierte. Da er selbst zu den kostenintensiveren Faktoren in der Firma zählte, spart das Unternehmen sein Gehalt nun konsequenter Weise ebenfalls ein. Seine Frau arbeitet als erfolgreiche Managerin auf ähnlichem Terrain- glaubt sich aber im Moment noch auf sicherem Posten. So degradiert sie ihren Mann zu ihrem angestellten Haushaltsführer und demütigt ihn solange, bis er in Streik tritt. Was als Beziehungsdrama beginnt, bekommt sadomasochistische Züge bis es mit Anleihen an ein Splatter-Movie endet. Regisseur Max Claessen inszeniert es mit Sinn für Effekte.
In „Juni. Juli. August“ geht es ebenfalls um eine zwischenmenschliche Beziehung. Linda (Anna Blomeier) und Harald (Christopher Weiß) verbringen einen Sommer zusammen. Anna schreibt an ihrer Diplomarbeit über die Zeichensetzung einer Großstadt und Harald renoviert Badezimmer. Er geht nie aus dem Haus - allerhöchstens steigt er ihm aufs Dach, um von dort aus seine imaginären Stadterkundungen durchzuführen. Harald ist ein eigenwilliger Kauz, der mit seiner verspielten Art Annas Interesse weckt. So verbringen sie die drei Sommermonate zusammen auf dem Dach und in Haralds Küche. Erst als Haralds Freundin Marie zu Besuch kommt, wird es kompliziert. In dem herrlich einfallsreichreichen Bühnenbild aus verklebten Getränkekisten-Türmen erzählte Regisseurin Lilja Rupprecht nach dem Text von Julie Rist eine wunderbar poetische Geschichte mit viel Sinn für die leisen Zwischentöne. In den beiden Darstellern fand sie genau die richtige Besetzung.
Der letzte Beitrag „Vier Millionen Türen“ übte Gesellschaftskritik auf hohem sprachlichen Niveau. Vier Bewerber finden sich in einem Vorzimmer gemeinsam wartend auf einen Vorstellungstermin wieder. Sind sie nun Konkurrenten oder Leidengenossen? An Satres „Geschlossene Gesellschaft“ erinnernd fällt die Entscheidung für das Letztere: Sie sind sich selbst die größten Widersacher. Bald schleicht sich bei den ersten der Verdacht ein, dass sie sich bereits mitten im laufenden Accessmentcenter befinden und nicht mehr in der Warteschleife davor. Ein untergründiges brummendes Klopfen als Tonspur unterlegt die Inszenierung von Corinna Sommerhäuser mit einem permanenten bedrohlichen Unterton. Ein toller Abschluss eines höchst spannenden Theaterabends!.
Birgit Schmalmack vom 20.3.08
hamburgtheater - Kritiken für Hamburg seit 2000