Land ohne Worte
Land ohne Worte
Eingeschlossen von Bildern des Krieges
Stets stand der Künstlerin das nächste Entwicklungsziel ihrer Kunst klar vor Augen: Mal die detailreiche Naturalismus, mal die Extrahierung und Betonung bestimmter Aspekte, mal die Veränderung des Blickwinkels, mal die Wirkung von Farben. Doch plötzlich ist der Malerin ihr Fokus abhanden gekommen. Durchlief sie in ihrem Leben schon verschiedene Formen des Ausdrucks, so findet sie jetzt keine mehr angemessen. Immer weiß sie dumpf, dass jede bloß die Oberfläche zeigen würde. Wie soll sie nur den Schmerz und die Ausweglosigkeit aufs Papier bannen, die sie gesehen hat, seit sie in K. war?
Alle, denen sie dort begegnete, fragten sie nur: Wann kommst du wieder raus? Nicht: Wann fährst du wieder weg? Doch nun nachdem sie abgeflogen ist, merkt sie, dass nicht wieder herausgekommen ist. Sie ist gefangen von den Bildern, für die sie keine Bilder zum Malen findet.
Die Schaffenskrise, die Dea Loher nach ihrem Kabulaufenthalt als Autorin durchmachte, verarbeitet sie in „Land ohne Worte“ in der Person einer Malerin. Andreas Kriegenburg fand eine kongeniale Um- und Besetzung für die Bühne. Wiebke Puls verkörpert den Monolog in einem Glaskasten aus der ansonsten leeren Bühne. Zahlreiche Metallrohre stellen die Atem- und Hörverbindung zur Außenwelt dar. In diesem transparenten Kasten bewegt sich Puls, während sie mit einem Eimer schwarzer Farbe die Glaswände mit immer neuen Strukturen undurchsichtiger und grauer werden lässt. Ein wunderbares Bild für den getrübten Blick der Künstlerin. Puls zelebriert den Text variantenreich mit vollem Körpereinsatz. Während sie sich am Text reibt, wischt sie immer wieder mit ihrem weiten Kleid kleine Sichtfenster sauber. Der herzliche und begeisterte Applaus begleitete Wiebke Puls auf ihrem Weg zum zweiten Teil des Abends: einem weiteren Solo, der „Berliner Geschichte“.
Birgit Schmalmack vom 26.5.08
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