Körber Junge Regie-2011-2
Körber Junge Regie
Record of time - Gießen
Aus Gießen kam die Performance von Lea Letzel und Alexander-Maximillian Giesche. Sie ging mit ausgefeielten Medieneinsatz der Frage des Verstreichens von Zeit nach. In einem Wohnzimmer räumten zwei Menschen immer wieder Gegenstände von einer Ecke in die andere, scheinbar ziellos und zwecklos. Ihr projiziertes Doppel, das ihre Aktivitäten zeitversetzt vervielfachte, sorgte für kuriose Effekte.
Pazival - Salzburg
Salzburg schickte die Inszenierung von Laura Steinhöfel. In dreifacher Ausfertigung gab es die Hauptperson, die sich auf die Suche nach dem Gral machte. Der Wald hat hier jedes Romantische verloren. Karge Holzsäulen markieren die blattlosen schwarzen Bäume. Übrig bleibt eine öde rutschige Fläche, auf der Parcival ins Trudeln gerät. Ein Percussionist treibt die Glückssucher an. Interessante Inszenierungsansätze mit Längen.
Schlafes Bruder - Frankfurt
Ein Gebirge aus Lautsprecher, die so eng zusammen stehen, dass Auf eine atemlose, erregende Suche nach dem Abwesenden macht sich das Geschwisterpaar Peter und Elsbeth. Mitten aus dem Publikum starten sie und stellen ihre beiden Wahrheiten zur Wahl. Ihr Cousin Elias ist ein musikalisches Genie. Während sich Elias unsterblich in Elsbeth verliebt ist, giert Peter seinerseits nach dessen Freundschaft. Gegenseitig werfen die Geschwister sich Unfähigkeit zur wahren Liebe vor. Der unverständliche und dennoch bewundernswerte Ausnahmekünstler wird zum Sehnsuchtssymbol des Unerreichbaren. Sie hetzen sich über die zu Bergen der Lautsprecher. Die Orgel wird stumm bleiben, Elias wird kommen an diesem Abend. Regisseurin Laura Linnenbaum zeigte hochspannendes Theater mit zwei wunderbaren Schauspielern (Henriette Blumenau, Johannes Kühn).
Der Tod und das Mädchen - München
Paulina will Schuberts Lied endlich zu Ende singen. Zögerlich beginnt sie, doch die Störgeräusche aus den Lautsprechergebirge hinter ihr entfachen ein infernalisches Störgewitter aus Erinnerungen, das von den beiden Tontechniker links und rechts sichtbar erzeugt wird. Die Herren inszenieren ihr Erinnerungshörspiel. Denn für Paulina bestehen sie nur aus Tönen. Ihr waren die Augen während ihrer Folter während der Militärdiktatur verbunden. Der eine Schauspieler wird später zu ihrem Ehemann, der andere zu ihrem Folterer werden. Das Ehepaar wird ihm den Prozess machen, als er eines Tages nichtsahnend zu ihrer Tür hereinspaziert. Regisseur Till Wyler von Ballmoos inszeniert das Stück nach Ariel Dorfman als Wiederhall von Paulinas Erinnerungen, wie der Untertitel verrät. Wer die Geschichte kannte, konnte mehr von seinen zahlreichen Untertönen identifizieren. Die Party, die zum Schluss anlässlich des Geständnisses des Folterers gefeiert wird, sollte die Fallhöhe der drei Beteiligten erhöhen. Ein Trick, den dieses Stück nicht nötig hatte.
In euren Augen –Wien
Verspielt arrangiert Jens Blum die eigenen Szenen über den Blick des Künstlers. Zwischen den aufgehängten Altgardinen werden die drei Schauspieler sind mal zur Prostituierten, alten Dame, Möchtegernkünstler Museumsdozentin oder zum resignierten Ehepaar. Die Aufführung erinnerte zeitweise eher an eine liebevoll dekorierte Schultheateraufführung als eine Hochschulinszenierung.
Medea – Essen
Drei Frauen suchen Medea, so könnte man diese Annäherung von Karl Philipp Fromberger mit seinen drei Schauspielerinnen überschreiben. Mit Hilfe des Textes von Euripides versuchen sie diese rätselhafte Frau, die ihre eigenen Kindern ermordet, als ihr Mann sie verlässt, zu verstehen. Sie schlüpfen wechselweise in die Rollen des Textes. Nur drei Stühle in dem leeren Bühnenraum stehen den schwarz gekleideten Frauen zur Verfügung. Hochkonzentriert wird daraus eine Sprachoper, die durch ständige Brüche fasziniert und interessiert. Immer wieder steigen die Schauspielerinnen aus ihrer Rolle aus und kommentieren die Medea aus heutiger Sicht. Ein bedrohlich anschwellender Ton steigert sich bis zum blutigen Ende. Fromberger verweigert durch seinen kargen Inszenierungsansatz die Flucht in die Dramatik der Geschehnisse und konzentriert sich ganz auf die psychologische Ebene. Eine stringente, außergewöhnliche Arbeit, die großes Talent zeigt.
Mädchen in Rüstung- Hildesheim
Schuld und Sühne – München
Raskolnikow will die Leiter der Erkenntnis erklimmen. Er will ein besonderer Mensch werden. Unter seinem Teppich holt er ein Beil heraus. Damit wird er die Pfandleiherin erschlagen. Denn sie hält er für eine Laus und sich selbst für einen besonderen Menschen, dem das Recht zu so einem Mord zustünde. ..zeigt die Zerrissenheit der talentierten aber armen Juristen mit dem zerrissenen Hemd. Als er auf die Prostituierte trifft, schenkt er ihr sofort das erbeutete Geld. Fortan hat er jemanden, der fest an seine Güte glaubt. Hoch über R. turnt der Kommissar katzengleich mit schwarzen Catsuit und umgeschnallten Revolver auf den Höhen der Leitern herum. Sie wird ihn überführen. Rasante Übertragung des Romans auf die Bühne ist dem Regisseur gelungen. Der Sinn der Projektionen des Weltalls auf die Rückwand erschließen sich zwar nicht ganz, produzieren aber schöne Bilder.
Vor der Sintflut -Berlin
hamburgtheater - Kritiken für Hamburg seit 2000