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Jahrmarkt des Abschieds

Jahrmarkt des Abschieds
Perfektes Bühnenbild gratis
Das Leben besteht aus lauter kleinen und großen Abschieden. Sie erst machen Neuanfänge und Veränderungen möglich. Immer wieder auch loslassen zu können, gehört zu den Herausforderungen, die das Leben bereithält. Diesen und anderen Betrachtungen zum Thema Abschied kann man wunderbar nachhängen, während man sich auf dem diesjährigen „Jahrmarkt des Abschieds“ von dem gebotenen Geschehen über den feinen Strandsand am View Point treiben lässt. Wenn dann der Hamburger Hafen an einem wunderbar lauen Sommerabend noch das Bühnenbild gratis dazumalt, ist alles perfekt für einen poetischen Theaterabend unter freiem Himmel. Der hat für diesen Abend auch noch sein farbenprächtigstes Kleid angelegt und präsentiert zu Beginn der Show einen orangeroten Sonnenuntergang, der genau abgestimmt ist auf die Farbe des Aussichtsturmes.
Thomas Matschoß und sein Team aus 11 Schauspielern und fünf Musikern haben sich viele neue Szenen zum Abschiednehmen ausgedacht. Zum Glück aber haben sie die besten Ideen aus dem letzten Jahr wieder mit aufgenommen. So wandeln die Zuschauer zunächst mit ihren kleinen blauen Hocker von Jahrmarktsbude zu Jahrmarktsbude und lassen von den Gauklern verführen. So weitet sich danach die Aktionsfläche wieder auf die große Sandfläche, auf der die Lagerfeuer und die leicht orientalisch angehauchte Band für knisternde Atmosphäre sorgen. So wird wieder die Seitenwand des View Points als Projektionsfläche für Fotos aus der neuen Hafencity genutzt. Doch dieses Jahr spaziert auf ihnen ein Außerirdischer herum. Rührend, wie er mit seinem Astronautenanzug und seinem Sauerstoffgerät U-Bahn fährt, den Geschirrspüler ausräumt, im Supermarkt den Einkaufswagenwagen schiebt. Wie sich ein Fremder fühlen muss, der seine Welt verlassen hat, der neu in die Stadt kommt und der überall auffällt, machen diese Bilder deutlich.
Zum Glück steigt am Schluss auch wieder der kleine selbst gebastelte Heißluft-Ballon in die Luft. Passend zum Abend fliegt er in perfektem Bogen über die Elbe und ist noch zu sehen, als die Zuschauer ihren Heimweg antreten. Lange noch versuchen sie sein Flackern auszumachen, das wie ein kleiner Stern langsam aus der sichtbaren Sphäre verschwindet.
Birgit Schmalmack vom 19.8.06

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