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Der Sturm

Der Sturm
Gnade statt Rache
Da entschwinden sie, die substanzlosen Geschöpfe aus Shakespeares Vision. Mit einem letzten Schwung fällt die Trapezkünstlerin (Ina Gercke) kopfüber hinab, aufgefangen nur durch die Beine ihres Partners (Jefferson Preto).
Ariel, die Windgöttin gab es bei Jan Zimmermann im Hexenkessel Amphitheater gleich im Doppelpack. In tigergemusterten Anzug beeinflussten sie zu zweit das Geschehen auf dem Eiland, auf dem Prospero (Andreas Köhler) mit seiner Tochter Miranda einst gestrandet war. Hintergangen von seinem Bruder Alonso (Michael Schwager) war er um die Herrschaft über Mailand gebracht und auf dem Meer ausgesetzt worden. Doch nun bekommt er dank Ariel Manipulationskünsten die späte Gelegenheit zur Revanche. Sie entfacht einen Sturm und bläst die Prosperos Feinde in seine Hände. Prospero stellt sich den Erinnerungen seiner düsteren Vergangenheit und findet zum Schluss seinen Frieden, indem er verzeihen lernt.
Metallkettenvorhänge hängen vor den hölzernen Aufgängen im Openairtheater an der Spree. Jeden Auftritt von Prospero begleiten sie mit leisem Klirren. Andreas Köhler umgibt seinen noch sehr vital wirkenden Ex-König mit einem Star-Ambiente. In weißem Anzug mit Glitzerkrawatte mimt er mal Michael Jackson, mal Doktor Frankenstein. Immer weiß er die Fäden dank seiner Windgötter sorgsam in den Händen zu halten.
Zimmermann ergänzte die Textfassung um aktuelle, umgangssprachliche Einsprengsel und spart nicht mit akustischen Effekten. Doch die Hauptattraktion sind die beiden Trapezartisten, die zudem auch schauspielerisch überaus präsent sind. Sie bereichern mit ihren geschmeidigen Artistikeinlagen die Inszenierung mit dem Hauch an Poetik und Sinnlichkeit, der sie zu einem gelungenen Theaterabend werden lässt.
Birgit Schmalmack vom 30.7.09

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