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Baal-malersaal

Baal-Malersaal
Suche nach dem Kick
Victory-Zeichen, dicke Brille und Oohm-Summen – Baal versucht ganz entspannt und erfolgreich im Hier und Jetzt zu leben. Ein Genussmensch, der sich nicht um Moral schert. Ein sensibler Dichter, der seine Verse nicht nur zum Beeindrucken seiner Zuhörerschaft nutzt. Ein Mensch, der in seinen Gefühlen exzessiv nachgeht und sie für seine Dichtkunst ausschöpft.
In Zeiten der Gleichberechtigung und der Eventgesellschaft ist das Geschlecht unwichtig geworden. Die acht androgyn geschminkten Frauen und Männer setzen sich abwechselnd das Brillengestell auf und kosten ihr Leben in der Rolle von Baal bis zu totalen Erschöpfung aus.
Ein schmuckloser Guckkasten auf Rollen stellt Baals Leben auf der Bühne des Malersaals aus. Mal zeigt er seine Rückseite und wird zur erhabenen Bühne, auf dem Baal seine Show abzieht, mal zu Baals Schlafzimmer, wo er Jungfrauen verführt.
Samuel Weiss Inszenierung steckt wie Baals Leben voller Aktionen und Emotionen. Die acht jungen Darsteller, allesamt Demnächst-Absolventen der Theaterakademie, stürzen sich mit schier unerschöpflicher Energie in das Abenteuer Leben. Die vielstimmigen Chorgesänge sind ein wichtiger Bestandteil. Ob Choral, Folk- oder Popsong, immer sorgen die Lieder für einen schnellen Stimmungsumschwung.
Die Aufführung besticht eine neue, stringente Perspektive, die die unruhige Suche nach dem nächsten Kick einer egoistischen Eventgesellschaft zeigt. Während der Episode in der Pause dreht die Truppe in der improvisierten Kneipe im Foyer den Pegel der Aufregung noch weiter auf. Der mit lautem Geschrei hereingerufene Polizist und die echt zersplitternde Glasflasche sind des Realismus ein wenig zu viel. Trotz der kleinen Schwächen: eine tolle, sehr sehenswerte Inszenierung mit einem super Ensemble!
Birgit Schmalmack vom 4.11.10

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