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Zur Kritik von |
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Somergäste |
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Eine Generation in der Depression Sommergäste sind wie zerplatzende Blasen in den Pfützen eines Sommerregens, das behauptet einer der Gäste, die sich in der Sommerfrische einer russischen Datscha in der Zeit der Vorrevolution versammelt haben. Bessere Zeiten hat der Hof einmal gesehen. Grün bemoost und efeuüberwuchert ist der Wintergarten, viele Gläser in den Scheiben sind zerborsten, vom Mobiliar sind nur wenige Stücke übrig geblieben, der Putz platzt von den Wänden und auf dem Boden sind Unmengen von vergilbten Büchern verstreut. Hier trifft sich die „Elite“ um in hektischer Untätigkeit Blödsinn zu schwätzen und Meinungen anzuhäufen. Ergeben in ihre Lethargie entwickeln sie sehr unterschiedliche Überlebensstrategien, um sich mit der Tragödie ihres verpfuschten Lebens zu arrangieren. Die schöne Anwaltsgattin Warwara (Ursina Lardi) verlässt sie ihren Diwan mitten im Foyer des heruntergekommenen Hofes konsequenter Weise nur noch selten. Sie räkelt, langweilt, empfängt, döst und schweigt vielsagend auf ihrem Beobachtungsposten. Sie ist das kritische Zentrum der Inszenierung. Um sie kreisen die anderen Personen. Ihr Mann Bassow (Ingo Hülsmann) ergeht sich in vordergründiger Bewunderung ihrer schönen Oberfläche, den sie jedoch mit ihrer analysierenden Kälte auf Abstand hält. Der von ihr einst so angehimmelte Schriftsteller Schalimow (Thomas Bading) kommt zu Besuch. In seiner Selbstsicherheit hoffte sie einst eine Möglichkeit zur Veränderung zu sehen und muss nun erkennen, dass er wie alle anderen geworden ist. Der Philosoph Rjumin (Niels Bormann) ist in sie verliebt, doch sie weist ihn nur mit gelangweiltem Desinteresse ab. Ihr Bruder (Sebastian Schwarz) ist ein verbitterter Komiker, der aus Verzweiflung Grimassen zu den ungaren Halbweisheiten der anderen schneidet. Die Bauunternehmensgattin Julia (Luise Wolfram) versucht bei all dem Elend ihre Leichtigkeit nicht einzubüßen und akzeptiert für ihre obligatorische Sommerfrische-Liebelei sogar einen so unakzeptablen Kandidaten wie den linkischen Assistenten Samyslow (David Ruland) um ihren Lebenshunger ein wenig zu stillen. Die ganz in schwarz gekleidete Möchtegerndichterin Kaleria (Eva Meckbach) versucht ihren Weltschmerz in ihrer Poesie zu versenken und gefällt sich dabei in ihrem düsteren, durchgeistigten Image. Regisseur Alvis Hermanis erlaubt sich mit großer Radikalität an diesen Text heranzugehen. Er entkleidet alle diese Menschen jeder Hoffnung. Sie haben es schon lange aufgegeben sich Veränderungen zu erträumen. Aus Gewohnheit verfallen sie manchmal in den Versuch eine bessere Welt herbeireden zu wollen. Doch Geschwätz alleine erschafft nichts; das haben sie mittlerweile selbst erkannt. Diese Erkenntnis hält sie in ihrer depressiven Untätigkeit gefangen. Sie sind wie Eisschollen, stoßen ab und zu gegeneinander, sind aber unfähig sich wirklich zu begegnen. Selbst als sich das Ehepaar Olga und Kyrill wieder versöhnen will, hält es sich mit Stühlen auf Abstand. Während Schalimow sich Warwara öffnen will, blickt er an die Decke. So kann er ignorieren, dass sie sich derweil bis auf die Unterwäsche entkleidet hat und sich ihm mit ihren nackten Schenkel darbietet. Trotz dieser Tatenlosigkeit ist der über dreistündige Abend nie langweilig, denn Hermanis entlockt dem Text von Maxim Gorki all seine Ironie, seine Lebensklugheit, seinen Humor und seine Hintersinnigkeit. Diese Menschen sind keine Zombies, sondern gefangen in der Erkenntnis der erwiesenen Sinnlosigkeit all ihrer möglichen Taten. Oder: Sie sind ganz schön auf den Hund gekommen, wie es Bassow ausdrückt. Vielleicht läuft deswegen die ganze Zeit ein Golden Retriever über die Bühne. Er hat es einfacher, er kann schlicht seinen Instinkten nachgehen und braucht nicht an seiner Unfähigkeit zu verzweifeln, an einen Sinn im Leben zu glauben. Birgit Schmalmack vom 4.4.13
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Mit Cathlen Gawlich, Eva Meckbach, Luise Wolfram, Foto: Thomas Aurin
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N Haufen Kohle
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