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Zeit der Zärtlichkeit

Zeit der Zärtlichkeit
Aurora ist eine eigenwillige Frau. Ihre Tochter Emma hat es schwer, sich neben der dominanten Mutter zu behaupten. Als Emma den Dozenten Flap heiraten will, gefällt das der egozentrischen Aurora gar nicht. Sie hat für ihre Tochter ganz andere Ziele vorgesehen: In ihrer Nähe und unter ihrer strengen Aufsicht sollte Emma sich zu einer modernen Frau und engen Freundin entwickeln. Doch die Emanzipation kommen bei Emma mit den schnell hintereinander geborenen drei Kindern und den Umzug in eine Kleinstadt eindeutig zu kurz. Ihre Rolle ist die einer aufopfernden Hausfrau und Mutter. Flap vergnügt sich derweil mit seinen Studentinnen.
In Schlapperhemd und Jeans den Wäschekorb schleppend, so eilt sie meist über die Bühne der Kammerspiele. Ihre Mutter verbringt dagegen in immer neuen extravaganten Kleidern viel Zeit mit der Pflege ihres Äußeren. Doch ihr Liebesleben sieht nach dem Tod ihres Ehemannes vor zehn Jahren auch nicht besser aus als das ihrer Tochter. Erst als Großmutter lernt sie ihre Ansprüche den Realitäten entsprechend anzupassen und knüpft den Kontakt mit ihrem Nachbarn, dem Möchtegern-Casanova Gerritt. Wider Erwarten schafft es ausgerechnet dieser arrogante Macho Aurora zu einem mitfühlenderen Wesen werden zu lassen, das nicht mehr ausschließlich an sich selber denkt. Als Emma schließlich genug von den Eskapaden ihres Mannes hat und mit den Kindern zu ihrer Mutter zieht, bleibt den Beiden nicht mehr viel Zeit: Emma erkrankt an Krebs und stirbt.
Die drei Ebenen auf der Bühne symbolisieren vor der mit Blättern berankten Treppe im Hintergrund die Stufen des Lebens. Wenn sich die Blätter zum Schluss herbstlich braun verfärben, ist Emmas Zeit gekommen und auch die Mutter reifer geworden. Die Bühnenfassung von Dan Gordon des erfolgreichen Films mit Shirley MacLaine und Jack Nichalson verkürzt die Handlung auf Schlaglichter, die die einzelnen Lebensstationen markieren. Die Hauptdarsteller Daniela Ziegler, Hans-Jörg Frey und Johanna Kitzl schaffen es trotz der zum Teil sehr kurzen Textpassagen im Verlaufe des Abends ihren Rollen Tiefe und Differenziertheit zu geben. Da die Inszenierung von Christian Nickel im ersten Teil manchmal mit klischeehafter Überspitzung Lacher erzeugte und im zweiten Teil der Rührung breiten Raum gab, verschaffte diese Aufführung dem Publikum einen emotional prallen Theaterabend, der die Extraktion von Lebensweisheiten nicht zwingend aber auch nicht unmöglich machte.
Birgit Schmalmack vom 15.12.09

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