Wer einmal aus dem Blechnapf frisst
Wer einmal aus dem Blechnapf frisst
Die Lehren des Knastes
Ein Auge wacht über allem. Die Überwachung ist allgegenwärtig. Die Welt ist eng im Knast. Nur ein schmaler Laufsteg ist von der Bühne des Schauspielhauses übrig geblieben. Die Wände mit den zwei Treppenaufgängen dazwischen bestehen aus Bildschirmen. Einer zeigt permanent ein Auge, das die Gefangenen verfolgt. Die Welt des Willi Kufalt ist klar geregelt und überschaubar. Kufalt hat die Regeln des Knastes während seines fünfjährigen Einsitzens zu händeln gelernt. Dann wird er in die ersehnte Freiheit entlassen. Die Aktionsfläche erweitert sich, damit auch die Vielzahl der Regeln. Die Möglichkeiten die Freiheit auszuschöpfen vervielfachen sich aber nicht im Verhältnis zur größeren Spielfläche. Die Überwachungspersonal (durch dieselben Schauspieler verkörpert) ändern nur ihre Namen.
Einen sauberen Neuanfang wünschte er sich. So kommt er ins Hamburger Friedensheim und schreibt Adressen im Akkord. Auch als er in eine Schreibstube wechselt, ändert sich nicht viel. Da kommt ihm die Idee sich mit drei Leidensgenossen selbständig zu machen gerade recht.
Zum Schluss steht Kufalt allein im Regen. Sein Neuanfang und seine Wiedereingliederung in die Gesellschaft sind gründlich gescheitert. Als kleiner Handtaschendieb versucht er sich über Wasser zu halten.
Daniel Wahl hat für die Beschreibung von Kufalts Gefängnisaufenthalt eine ausdruckstarke Umsetzung voller Bewegung, knackiger Dialogen und klarer Bilder gefunden. Doch nach der Vergrößerung der Bühnenfläche wird sich diese Ausdrucksdichte zunehmend geringer. Der Arbeitsalltag im Friedensheim und in der Schreibstube verliert sich in Kleinstszenen. Erst als Wahl nach der Pause Kufalts Geschichte im Zeitraffer weiter erzählt, konzentriert er sich auf die wichtigen Momente und endet mit einem tollen Bild am Schluss: Kufalt steht inmitten der Gesellschaft alleine unter einem Regenguss.
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