Mann zu Fressen gesucht
Mann zu Fressen gesucht
Can I ball. Bianca Kessler spielt gerne mit den Worten und ihren Mitmenschen. Sie als bekennende Egoistin und Wirklichkeitsgläubige fühlt sich frei von den Regeln und Konventionen der Gesellschaft. Sie beschäftigt sich gerne mit den grundsätzlichen Fragen des Lebens. „Gehört das Leben nicht uns?“ Dürfen also erwachsene Menschen nicht in gänzlicher Freiheit über ihren Körper und ihr Leben selbst bestimmen? Sie hält dagegen das christliche Streben nach einer bedingloser Liebe für ein Verbrechen am Glaube an der Wirklichkeit, die wir Menschen jeden Tag erleben. Einzig die Ausrichtung an den Realitäten verschaffe eine moralische Grundlage, die sie als Lebensmaxime gelten lassen mag. So sucht sie im Netz nach einem „Mann zum Fressen“. Sie trifft auf den arbeitslosen Staatsbeamten, der seinem Leben eine endgültige Wendung geben möchte, und sei es durch seine Beendigung. Er, der sich immer gerne unauffällig machen wollte, möchte verschwinden und am liebsten im Leib und Magen einer anderen Person. Umso besser, wenn diese eine so attraktive und zielbewusste Frau ist wie Bianca. Während sie ihr gemeinsames Vorhaben vorbereitet, versteckt sich Bianca hinter ihrer Digitalkamera. Alles zeichnet sie auf, was der Mann aus seinem „ausgeliehenen“ Leben zu berichten weiß. Zynisch, ironisch, sarkastisch und intelligent gibt sich Bianca. Dennoch erkennt ihr Gegenüber messerscharf: „Du bist in deiner fixen Idee genauso gefangen wie ich.“
Igor Bauersima hat zu dem aktuellen Thema des Kannibalismus als einer Form der Lustgewinnung in unserer heutigen Gesellschaft ein überaus intelligentes, sprachgewandtes Stück geschrieben. In der Inszenierung von Nina Pichler im Monsun Theater stimmt alles. Die Besetzung der zwei Rollen mit Nadine Nollau, Mirko Thiele ist perfekt. Das Bühnenbild mit der großen weißen Plastikplane, die als Verhörzelle, als PC-Bildschirm und als Projektionsfläche der Filmaufnahmen dient, durchdacht, effektvoll und effizient. Ein spannender Theaterabend. Sehr empfehlenswert!
Birgit Schmalmack vom 22.10.07
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