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...............Kritiken für Hamburg seit 2000

Louis und Louisa

Louis und Louisa
Als Geschenk für die wohlmeinende achtjährige Tochter haben sich die Vorzeigeeltern etwas Nettes ausgedacht: Ein Patenkind aus dem armen Brasilien, aus den Slums von Rio de Janeiro, das beruhigt das Gewissen der reichen Gutmenschen in einer Industrienation. Doch was machen diese Menschen wenn sich das kleine süße Patenkind mit achtzehn ungefragt eigenständig auf den Weg nach Deutschland macht und plötzlich in das traute Leben der Kleinfamilie einbricht? Da werden die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Der Vater kann seiner Baumarkt-Heimwerker-Keller-Idylle nicht mehr ungestört nachgehen. Aus der Mutter brechen lang verdeckte Erotikwünsche angesichts der südamerikanischen Charmeoffensive, die über die Schwelle des Hauses tritt, hervor. Sie bewegt sich fortan nur noch im Sambaschritt vorwärts. Doch am stärksten sind die Auswirkungen bei der achtzehnjährigen Tochter. Sie serviert ihren langweiligen blassen Weicheifreund ab und träumt von einem Ausbruch in die große weite Welt, die ihr mit ihrem neuen temperamentvollen und risikofreudigen Lover nun offen zu stehen scheint.
Regisseur Klaus Schuhmacher hat zusammen mit dem Autor David Gieselmann für das Junge Schauspielhaus im Malersaal einen weiteren Beweis hingelegt, dass das Junge Schauspielhaus vor aktuellen Themen nicht zurückschreckt. Anerkannt pädagogisch wertvolle Theaterformen werden von ihnenn getrost über Bord geworfen, um dennoch zu aufregenden anregenden aussagen bzw. Fragestellungen zu befassen zu kommen. Da wird kein Klischee ausgelassen um sich darüber hinwegzusetzen. Hemmungslos Auf höchsten schauspielerischen Niveau werden hier Kettensägenmassaker, Slapstickeinlagen, Thai-Chi-Übungen und Science-Fiktion-Spielereien aus bekannten Film zitiert. Das unterhält das überwiegend junge Publikum aufs beste und lässt die begeleitenden Erwachsenen oftmals den Atem anhalten. Wo bleibt der gute Geschmack? Doch Schumacher und sein Ensemble wissen fast in jedem Moment die Balance zu halten. Nur an wenigen Stellen scheint die Spielfreude mit ihnen durchgegangen zu sein. Wenn die Kellerutensilien und der blutrote Ketchup bis kurz vor die erste Reihe kippen, könnte dies der Fall sein.

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