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Esther Leben

Esther Leben
Wenn ich an einen Gott glauben würde, würde ich mich umbringen.

Freundlich werden die Zuschauer im Kellinghusenpark begrüßt. „Welcome!“ Esther kann englisch. „Ich bin eine New Yorkerin geworden“, meint sie. Dorthin ist sie mit 22 Jahren ausgewandert. Doch geboren ist sie in Hamburg als Tochter des strenggläubigen Direktors der Israeletischen Töchterschule in der Karolinenstraße und einer freigeistigen Ärztin. Sie spielte gerne im Kellinghusenpark, an den ihre damalige Wohnung grenzte. Genau dort führt sie die Zuschauer zu ihren Lebensstationen mit dem engagierten Ensemble herum. Ihr zweiter Ehemann hätte in den Regalen lauter Bücher über den Holocaust gehabt, berichtet sie. Doch sie brauche keine Literatur darüber lesen. Sie hat ihn selbst erlebt. „Ich kann aber nur von dem erzählen, was ich erfahren habe“, stellt sie klar.
Neben ihrem Vater bestimmten vier Männer ihr Leben: ihr erster Freund, ihr erster Ehemann, den sie in Theresienstadt kennen lernte, ihr zweiter amerikanischer Ehemann und ihr Sohn Billie. Alle werden von einem Schauspieler dargestellt. Die übrigen Darstellerinnen verkörpern Esther in ihren verschiedenen Lebensalterstufen. So macht Regisseur deutlich, dass dies zwar eine Einzelgeschichte ist, aber exemplarisch für viele weitere steht. Esther hat ihre Verarbeitung der Vergangenheit auf ihre Weise bewältigt. Sie erzählt darüber, wenn es jemanden interessiert. Das Interesse der Zuschauer im Kellinghusenpark war dieser Frau sicher. Regisseur hat es geschafft auch ds Augenzwinkern nicht zu kurz kommen zu lassen. Immer wenn die Geschichte einen zu dramatischen Verlauf nimmt, rufen alle Esther- Frauen gleichzeitig nach Billie, um gleich darauf zu versichern: „I love you!“
Ein sehr sehenswertes Stück, das auf anschauliche und abwechselungsreiche Art Geschichte lebendig werden lässt und viele Zuschauer verdient hat.
Birgit Schmalmack vom 13.6.06

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