Electric Theatre
Electric Theatre
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Kreativitätswerkstatt
Dumpf brummende Bässe werden zu sirrenden Klänge und mutieren zu rhythmischen Beats. Während Charly Schöppner am Laptop und Sampler Klangwelten entstehen lässt, erfindet Katrin Bethge mit Overheadprojektor und Haushaltsmitteln Musterwelten dazu. Während der Improvisationsmusiker selbstvergessen und hochkonzentriert einen Sog der Klänge erzeugt, „tanzt“ die Projektionskünstlerin auf ihnen mit ihren improvisierten Bildern. Die große Leinwand füllt die Bühne hinter dem Bierkästenpult von Schöppner. In einer digitalen Welt der Bilderzeugung und -manipulation wagt Bethge die Arbeit mit rein analogen Mitteln. Zwei Overheadprojektoren, die Überblendungen erlauben, Wasser und ein paar Haushaltsmittel genügen ihr.
Da die Zuschauer jede Handbewegung Bethges mitverfolgen können, kann ihre Kreativität auch die eigene Fantasie in Gang setzen. Durchsichtige maßgeschneiderte Glaskästen erlauben auf den Projektionsflächen die Herstellung kleiner Wasserbiotope, in denen die Wechselwirkung von Zuckerwürfeln, Mineralwasser und Spiritus beobachtet werden kann. Kammspachtel, Spüli und sprudelnde Wasserzufuhr lassen herrliche Schaumgebirge entstehen, die unter der Projektion und hinter Farbfolien an Mikroskopaufnahmen erinnern. Blau angefärbtes Wasser unter Frischhaltefolie lässt traumhafte Wasserlandschaften entstehen, die an Sommertage am beruhigend plätschernden Strand erinnern. Ein schlichter Spülitropfen unter einer Glasplatte, die langsam abgezogen wird, bildet unter den geschickten Händen Bethges immer ähnlich geformte Blattstrukturen.
Das letzte Bild zeugt von dem ungeheuren Ideenreichtum der Künstlerin: Ein Haufen kleiner Eisennägel auf die Projektionsglasplatte ausgeschüttet, wird mit Hilfe eines Stabmagneten zu einem Sinnbild für Massenbewegungen. „Das Gerücht“ von Paul Weber erscheint vor dem geistigen Auge. Auch dem Sog der Zusammenarbeit dieser beiden Künstler konnte kaum einer sich entziehen. Die Klänge und die Bilder ergänzten sich auf wundersame Weise perfekt.
Birgit Schmalmack vom 1.6.11
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