Der Sonntag
Der Sonntag
Nach der Eigenproduktion des Kulturhauses 73 „Fake for Real“ folgte die vielschichtige Performance von busy-beaver „Springen im Sechseck“. Lulu, Scheudi und Fell experimentieren im Verwirren der Sinne ihres Publikums, so dass die Suche nach den möglichen Antworten wünscheswert wird, obwohl keinerlei Fragen formuliert werden. Sie benutzen dazu Musik, Bild und Sprache. Xylophon, Keyboard und Schlagzeug untermalen die intellektuelle Gratwanderung. Die projizierten Videobilder tragen zusätzlich dazu bei, dass jeder etwas anderes wahrnimmt und damit einen behaupteten Satz von Lulu bestätigt: Die Weisheit ist nur eine Wahrheit.
Eine weitere Inszenierung des spannenden Schauspiels „Das wundervolle Zwischending“ zeigte das „Ballhaus Ost“ aus Berlin. Regisseurin Luise Helle verfolgte einen anderen Ansatz als die Aachener Aufführung. Sie beließ Heckmanns Text im Abstrakten und spielte eher mit den Bildern im Kopf der Zuschauer als konkret ausgespielte dagegen zu setzen. Nur eine Videosequenz von einem glücklichen Moment des in die Jahre gekommenen Liebes- und Künstlerpaares Johann und Anna unterstütze deren Vorstellungskraft. Die starken Schauspieler Lisa Maria Potthoff, Sascha Göpel und Stefan Rudolph ließen auch diese Interpretation zu einem vollen Erfolg werden.
Um Mitternacht begann die Abschlussaufführung „Populärmusik aus Vittula“ des Festivals. In geschätzten 38 Grad im Saal spielte Holger Bülow unter der Regie von Julia Hölker den Matti aus dem tiefen, verschneiten Norden. Angetan mit Steppmantel, Mütze und Felljacke erzählte er von den wundersamen Erschütterungen, die ein Junge aus Vittula nahe der finnischen Grenze überwinden muss, bis er endlich erwachsen ist. Doch zusammen mit seinem schweigsamen Freund Niila übersteht er die harten Kampfesrituale der männlichen Vittulaner. Oberwasser gewinnen die beiden jedoch erst, als sie die Rockmusik entdecken und mit ihrer Band sogar einige Mädchen zu Interessensbekundungen bewegen können. Wenn Matti zum Schluss halb ohnmächtig zum Saunakönig wird, braucht Holger Bülow nur noch wenig zu schauspielern: Der Schweiß läuft nach seinem eineinhalbstündigen Parforce-Ritt von ganz alleine. Zum krönenden Abschluss eines weiteren wunderbaren Festivals „Kaltstart“ kürte ihn anschließend das Publikum mit jubelndem Applaus.
Birgit Schmalmack vom 17.7.07
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