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Axolotl Roadkill

Axolotl Roadkill
Show des Lebens
Der Schwanzlurch (Axolotl) ist ständig in der Plastiktüte mit dabei. Als Symbol für ein Wesen, dass sich nie verändert, nie erwachsen wird. Ein Vorbild für Mifti, einen anstrengenden altklugen Teenager in der Selbstfindungskrise. Oft ein Kreischen im Kopf, Drogenexzesse vor sich oder Krebsdiagnoseträume hinter sich. „Herzlich willkommen in der Revue meines Lebens!“ Aus dem Karussell der Leistungsgesellschaft ausgestiegen, kritisch gegenüber der üblichen Show der Eitelkeiten, versucht die intelligente, gutbürgerliche und sprachgewandte Mifti ihre eigene Position zu finden. Zum Glück hat sie eine Medikamenten abhängige Mutter und einen abwesender Alt-Hippie-Künstler-Vater, der ihr die Möglichkeit gibt, die wirkungsvolle Attitüde einer misshandelten Tochter aufzubauen. Doch vielleicht ist das auch alles Lüge, wie sie immer wieder behauptet, wenn das Laufband in Gang kommt und neue Showdarsteller auf die Varietebühne ihres Lebens einfährt. Alles in einem Glitzer-Schimmer-Outfit, den dieses Leben so erfordert.
Am Ende steht sie vor dem Müllberg, der ihr Leben sein soll und erkennt, dass dies die beste Zeit ihres Lebens gewesen sein wird. Doch was kann der Sinn dieser Anhäufung von Behauptungen sein? Vielleicht das Verlangen nach der Intensität des Lebens? Sie beschließt, dass die heilsame Wirkung des Exzesses ihr Leben auch weiterhin prägen wird.
Bastian Kraft hat sich des Skandalromanes der 17-jährigen Helene Hegemann für das Thalia in der Gaußstraße angenommen. Ihm ist dies mit leichter Hand gelungen, indem er die Personen aus Miftis Lebens wie Showdarsteller auf der Selbstdarstellungsbühne des Lebens auffahren lässt. Die ironische Doppelbödigkeit des Romans findet damit eine wunderbare Entsprechung. Die fünf Schauspieler wechseln dabei ständig die Rollen und machen sich in dem Karussell der Identitäten ihren Platz streitig.
Birgit Schmalmack vom 17.2.11

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