hamburgtheater

...............Kritiken für Hamburg seit 2000

Terrorprogramm

Terrorprogramm
Thema des neuen Theaterstücks von Marc Becker ist die Auseinandersetzung mit Terrorismus gestern und heute. Ideal und Verblendung, Naivität und Gewalt, Sinn und Sinnlosigkeit, sowie die Zugehörigkeit bzw. Unterordnung in einer radikalen Gruppierung sind Aspekte einer sich darin formulierenden Sinnsuche in extremer Form, die im Kontext des Spielzeitmottos Sehnsucht nach Utopien nicht fehlen dürfen.

„Wir erleben in der Szenencollage zunächst die Selbstentführung des Kapitalisten Franz Pinsel durch den Idealisten Franz Pinsel, dann eine nostalgische Volksparty ohne Volk auf den Spuren der RAF und entdecken schließlich den wahren Terror da, wo wir ihn schon längst vermuteten – in der Familie. Unterbrochen wirkt zwischen den Szenen ein geschmeidigen Conferencier, den Thomas Lichtenstein ziemlich gekonnt schmierbäuchigwohlstandssatt gibt. Becker hat einen unterhaltsamen Text über die Sinnsuche derer geschrieben, die an nichts mehr glauben, und ihn mit leichter Hand, viel Schwung und guten Schauspielern selbst inszeniert.“



Clarissa Börner, André Lassen, Niloufar Mashhori, Dimetrio-Giovanni Rupp, Salina Sahrhage, Christian Wendt.

 

Inszenierung

Nina Pichler

Revolution ohne Volk
Wenn der Banker Franz Pinsel mit seinem Entführer Franz Pinsel um Lebensziele kämpft, werden in Personalunion die inneren Konflikte eines Kapitalisten bloßgelegt. Wenn dann zwei einsame Revolutionärinnen eine geheime Volksparty ohne Volk feiern, ist die heutige Desillusionierung klar umrissen. Doch erst wenn der alltägliche Terror einer modernen Kleinfamilie im gemütlichen Wohnzimmer gezeigt wird, hat der Horror seinen Höhepunkt erreicht.
Mit bissigem Humor legt Marc Becker den Zustand der Nachfahren der 68ziger offen. Wenig ist übrig geblieben von deren Idealismus und Utopiengläubigkeiten. Dass seine Szenencollage im „Terrorprogramm“ angekündigt wird von einem schmierigen, um Beifall buhlenden Conferencier, macht den Zustandsbericht nicht erheiternder. Hier wird der Blick hinter die Revolutionskulissen gekonnt zu einem Medienereignis vermarktet. Folgerichtig werden im Werbeblock die neuen Verkaufsschlager Widerstand und Überfluss mit markigen Sprüchen angepriesen. Das Ensemble des Schauspielstudios Frese konnte die junge Regisseurin Nina Pichler für dieses aktuelle Stück gewinnen. Mit sicherem Gespür für die Zwischentöne hat sie es im Kulturhaus 73 mit den talentierten Nachwuchsschauspielern auf die Bühne gebracht. Birgit Schmalmack vom 17.9.09





Es spielten: Clarissa Börner, André Lassen, Niloufar Mashhori, Dimetrio-Giovanni Rupp, Salina Sahrhage, Christian Wendt.







hamburgtheater - Kritiken für Hamburg seit 2000