Robert Guiskard
Robert Guiskard
Viele Fährten gelegt
Kleist ist unzufrieden mit seinen dichterischen Schaffen. Er ringt um Formulierungen, trinkt aus Versehen aus dem Tintenglas und sinkt auf der Schreibtischplatte zusammen. Sein „Robert Guiskard“, auf den sein Gönner Wieland so dringlich wartet, landet im Waschbecken, wo er still in Flammen aufgeht. Fünf Jahre später wird er das Manuskript für eine Zeitung rekonstruieren. Dieses Fragment hat Regisseur Hoffmann für die Ruhrfestspiele Recklinghausen in Kooperation mit dem Schauspielhaus auf die Bühne gebracht. Wolfram Koch, der den Kleist in seiner Schaffenskrise zeigt, springt als A. in sein eigenes Werk ins 11. Jahrhundert zurück, als der Normannenfürst Guiskard mit seinem Kriegsvolk vor Konstantinopel lag. Die Handlung des Fragments ist schnell erzählt: Von der Pest heimgesucht, harrt das geschwächte Volk geduldig aus, bis sein Herrscher Guiskard über ihr Schicksal entscheiden wird. Das Gerücht seiner Pesterkrankung und die Pläne seines machtgierigern Sohnes sorgen für Beunruhigung und verdeutlichen ihre Abhängigkeit.
Auf der mit Erde bestreuten, dunklen Bühne lodern die Feuer. In einer Badewanne wird eine Pestleiche verbrannt. Hinter Glaswänden schleichen dunkle Gestalten wartend umher.
Hoffmann hat das handlungsarme Fragment mit vielen Hilfsmitteln anzureichern versucht: ein sirrender, gewollt untergründiger Klangteppich, Kamerafahrten durch den hinteren, verdeckten Teil der Bühne, Bildprojektionen auf die Glaswände, wallende Gewänder aus verschiedenen Zeitepochen und klingende Schauspielernamen. Die Bögen von der Kleistschen Selbsthinterfragung und Schreibblockade zur Ausweglosigkeit und Abhängigkeit des Normannenvolkes und weiter zu Kleists Unfähigkeit, diesen in seinem Drama angemessen Ausdruck zu verleihen, werden von Hoffmann bestenfalls angedeutet. Ein unbefriedigender Theaterabend, der mit vielen Bezügen arbeiten möchte, aber der das Gefühl hinterlässt, vielen verschiedenen Fährten gefolgt zu sein, die ins dunkle Nichts führen.
Birgit Schmalmack vom 14.12.10
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