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Julia Hölscher hat gewonnen

Julia Hölscher hat gewonnen

Die Absolventin der Hamburger Theaterakademie Julia Hölscher hat den Preis für die beste Regie beim Körber-Studio Junge Regie im Tahlia in der Gaußstraße gewonnnen. Sie bekam ihn für ihre Arbeit "Das Mädchen mit den Schwefelhözern" nach dem Film von Kaurismäki.Sie zeigte damit den Mut zu einer ganz eigenen Bildersprachce, die der des Films in nichts nachstand sondern die besonderen Ausdrucksformen des Live-Theaters voll ausnutzte. Sie verzichtete allerdings weitgehend auf ein Mittel des Theaters: das Wort. Sie vertraute ganz den eindrucksvollen Bildern, die mit funktionsuntüchtigen, eiskalten  Heizkörpern schuf. Für diesen Mut und diese Eigenwilligkeit wurde sie ausgezeichnet. Doch es gab auch andere sehenswerte Arbeiten, die von den anderen zehn Hochschulen nach Hamburg entsandt wurden. "Liebelei" aus München, inszeniert von Anne Lenk, zeigte, wie sehr eine einstige Einwschränkung die Fantasie freisetzen kann: Da die Bühne in ihrem Probenraum schon durch ein anderes Bühnenbild besetzt war, wich sie mit ihrem Vier Schauspielern auf die Sitzreihen des Publikums aus. So spielt nun die Geschichte um die tödlich endene Liebe zwischen Fritz und Christine auf, unter, zwischen und über diese aus München mitgebrachten Sitzreihen. Eine anregende Spielwiese, auf der die vier jugendlichen Akteure herumtoben können, bis ihre Liebes-Spielereien in bitteren Ernst umschlagen. Eine sehr reife Arbeit legte Alexander Charim aus Berlin mit "Liebe 68" vor. Souverän collagiert er aus Texten von Godard, Eustache und einem Film von Garrel einen Abend, in dem er sich dem besonderen Lebensgefühl der 68-ziger in Paris nähert. Ihrer Unbedingtheit, ihrer Lebensgier und ihrem Absolutheitsanspruch spürt er anhand der Lebensgeschichten von sechs Personen nach. Virtuos findet er einen Rythmus aus ineinandergreifenden Szenen, Revolutionsliedern, politischen Bekenntnissen und Toneinblendungen aus dem damaligen Paris. Dabei reicht ihm ein quer über die Bühne gelegter, toter Baumstamm als Bühnenbild. Entwurzelt ist dieser schon zu Beginn, doch am Ende ist er genauso in Einzelteilen zerfallen wie die kleine einst so verschworene, revolutionäre Kommune. Christa Müller, eine der Organisatorinnen, meinte am Samstag, dass das diesjährige Festival ihr bisher schönstes gewesen wäre. Stetig hat sich das Festival in den letzten Jahren weiter entwickelt. Dieses Jahr kamen die Publikumsgespräche hinzu, die nach jeder Aufführung Gelegenheit zur öffentlichen Diskussion zwischen Zuschauern, Mitstudenten, Schauspielern und Regisseuren boten. Der rege Zuspruch sprach für sich.
Birgit Schmalmack vom 31.3.07

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