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Die Palette

Die Palette
Ab ins bürgerliche Leben!
Die Palette – ein legendärer Schuppen, in dem sich in sechziger Jahren die Hamburger Jugend austoben konnte. Das war in der restaurativen Bundesrepublik ansonsten ungern gesehen. Hier durften sie all das machen, was ihnen von der Gesellschaft strengstens untersagt war: Trinken, Rauchen, Drogen, Sex jenseits der gesellschaftlichen Moralvorstellungen. Hier kamen sie alle hin: Jäcki, der fast in der Palette wohnt, der Reimer, das stotternde Renaissancefürstchen, Loddl, der Tranvest Cartacalo, Heide, die Blume zu Saaron und Lausi, die mit fast jedem schon auf der Matratze gelandet ist.
Vaterverlust ist ein Thema, das die meisten von ihnen umtreibt. Die Väter, die im Krieg verschwunden oder mit den Nazis kollaboriert haben, taugen als Vorbilder nicht. Diese Leerstellen werden durch die totale Abwendung von den Vorstellungen der Elterngeneration gefüllt. Alle hängen sie hier in der Palette ihren ganz persönlichen Träumen nach. Wollen eine Wolfgang Borchert-Gesellschaft gründen. Darüber auf keinen Fall Camus, Wittgenstein und Nietzsche vergessen. Nächtelang wird diskutiert und an Dichter-, Künstler- oder Kleinkriminellenkarriere gebastelt. Bier- und Schneevorrat darf dabei gerne die Stimmungsentwicklung unterstützen. Kontakte mit der Polizei gehören zum Alltag.
Die Absolventen der Theaterakademie haben für ihr letztes gemeinsames Projekt unter der Regie von Hartmut Wickert ein Stück gewählt, das ebenfalls von einem Abschied und von einem Neuanfang handelt. Am Schluss wird die Palette geschlossen und ihre Gäste werden Teil der bürgerlichen Welt, die sie ablehnten: sie heiraten.
Dass der Stoff nach dem Roman von Hubert Fichte ganz nach dem Geschmack der Schauspieler ist, merkt man in der Garage des Thalias in der Gaußstraße sofort. Diese Neun ist ein energiegeladenes tolles Team, die ihr Fach beherrschen. Man darf gespannt sein, wo sie ihr persönlicher Neuanfang hinführen wird.
Birgit Schmalmack vom 16.10.08

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