Cie 111
Cie 111
Die Erkundung der Linie liegt dem Stück „More or less, Infinity“, das Cie 111 aus Frankreich zeigte, zugrunde. Soll erkunden werden. Was sich alles mit ihr anstellen lässt zeigen die Künstler und Artisten in ihrer eineinviertelstündigen Show. Zuerst spielt ein Trompete eine einsame Melodie auf leerer Bühne während sich eine Lichtlinie an der Rückwand immer länger wird. Angeleuchtete weiße Stäbe, die vom Schürboden herabgelassen werden, bilden danach immer neue Muster. Von der ganz abstrakten Ebene nähert sich Cie 111 dann dem Absurden und Komischen. Eine Hand taucht. Weit entfernt die zweite dazu. Bald zeigt sich ein Bein, dann noch ein zweites. Alle bewegen sich so, als wenn sie zum einem Körper gehören würden. Durch die Ritzen im Boden ranken sich Stangen noch oben. Die inzwischen komplett aus den Körperteilen zusammen gefügten Menschen können auf ihnen hüpfen, laufen, mit ihnen tanzen, springen. Immer neue Bilder bieten sie den Zuschauern an.
Perfektes Timing, Lichteffekte, minimalistische, elektronische Musikuntermalung und sechs Darsteller erzielen viele optische Überraschungen, die die Zuschauer am Schluss begeisterten Applaus spenden ließen.
Ebenso überraschend geht Emma Dante aus Italien vor: Sie kombiniert Elemente des Volkstheater mit Klamauk, Slapstick, Musik, Tanz, Pantomime und einer großen Menge Ironie. Sie spielt mit Klischees des sizilianischen Lebens in ihrer Komödie „mPalermo“. Mit der Lust an der Übertreibung zeichnet sie mit ihren fünf Darstellern ein Bild einer italienischen Familie. Sie soll zu einem Geburtstag aufbrechen. Doch gerade wenn sie starten wollen, fehlt noch etwas. Schnell müssen noch die richtigen Schuhe gefunden, die Geschenke sortiert, Rangfolgen geklärt und Streitigkeiten ausgefochten werden. Wenn der eine Mann im Hause alles Essbare auf einmal in sich hineinstopft, weil er den anderen nichts davon gönnt, ist die Groteske nicht mehr fern. Dass Leid und Freude nie weit voneinander entfernt sind, zeigt das letzte Bild: Gerade haben sie alle ihre Hemmungen und Vorsichten abstreifen können und sich hemmungslos beim gegenseitigen Nassspritzen amüsiert, da bricht die Großmutter zusammen und haucht ihr Leben im Kreise der Familie aus.
Birgit Schmalmack vom 26.8.06
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