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Bond Girls

Bond Girls
An den Reihen der Bond-Girls lassen sich vortrefflich Frauenklischeebilder studieren und ihre Entwicklung analysieren. Das dachten sich auch Carola Unser und Michael Gmaj. So wurde die Bond Girls Academy im Lichthof eröffnet. Schon am Fahrstuhl erwartet die Zuschauer eine Hostess und erste Warnhinweise werden gleich bei der Fahrt in den zweiten Stock erteilt. Die Aufnahmeprüfung haben die beiden jungen Frauen gleich im ersten Anlauf geschafft. Ihre Motivationsgrundlage könnte nicht unterschiedlicher sein: Sidney Granville (Vanessa Czapla) will ganz in der Tradition ihrer Mutter einer Ausbildung zur Spionin absolvieren, der legendären Christine Granville. Ursula van Dress (Lisa Grosche) will dagegen ihr vordringliches Lebensziel zu ihrem Beruf machen: Sie will eine Gewinn bringende Projektionsfläche für Männerwünsche werden. Beide werden nun durch die Leiterin der Academy Dr. Solitaire Klebb (Solveig Krebs) mit all den Raffinessen, die ein echtes Bond-Girl beherrschen muss, vertraut gemacht. Das gibt Dr. Klebb Gelegenheit über die Bond-Girls im Besonderen und die Frauen im Allgemeinen und die Bonds im Besonderen und die Männer im Allgemeinen zu räsonieren. Auch ihre beiden Lehrlinge haben hin und wieder ihre eigenen Erfahrungen beizutragen. So weiß van Dress bestens, wie frau ihre Idealfigur behält: Hungern und kotzen! Ihre Sexualität übt sie nach demselben Muster aus: gierig sich alle Männer einverleiben und schnellstmöglich wieder ausspeien. Granville hat einschlägige Erfahrungen als vergewaltigte Anhalterin und als selbstbewusste Nutte beizusteuern: Wo verdienst du schon 500 Euro pro Stunde? Dr. Klebb dagegen hält einen Vortrag über die Möglichkeiten der heutigen modernen Frau: Sie könne alle Positionen erreichen, wenn sie trotz ihrer Überlegenheit die Botschaft ausstrahle, ihnen nie gefährlich zu werden. Der diffizile Unterschied zwischen Darstellerin in der Pornofilmbranche und in einem Bondfilm wird haarscharf analysiert. Das Kostümbudget dürfte in dieser Produktion weit über dem üblichen gelegen haben: Ständiger Fummelwechsel ist bei einem Stück, bei dem es um Äußerlichkeiten und Scheinwelten Pflicht.
Die drei Schauspielerinnen haben sichtlichen Spaß an ihrem Dekonstrontionstrip durch die Bond-Filmgeschichte. Krebs schleudert mit ihrer vor beißendem Zynismus strotzenden Stimme ihre Botschaften vor die Füße ihrer Zöglinge. Grosche wirft sich in Inbrunst ohne jede intellektuelle Metaebene in die Rolle des Möchtegern-Bunnys. Czapla gibt die kritische Beobachterin, die mit süffisanter Ironie selbstbewusst die Theorien der beiden Anderen in Frage stellt. Das Spiel mit den Klischees verführte Regisseurin Unser zur zeitweisen Überpointierung. Wenn Granville für ihre Badenixenszene zum kugelrunden Frauenball auf zwei Beinen verkleidet in den kleinen Kinderpool steigt und sich nur kullernd wieder daraus befreien kann, ist die Grenze zum Klamauk längst überschritten.

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