Die Verwandlung
Das war einmal ich, meint Erwin Sommer zu dem Kleiderständer, den er sorgsam mit weißem Hemd, Weste, Krawatte und Jackett ausgestattet hat. In Latschen, aufgeknöpftem Hemd und ausgebeulter Hose betrachtet er sein früheres Selbst aus der Zeit, bevor zu trinken begonnen hatte. Da liebte ihn seine Frau Magda noch. Doch dann schwand sein geschäftlicher Erfolg und er suchte Trost vor den missbilligenden Blicken Magdas im Alkohol. Die Beziehung zu seiner imaginären Flaschen-Göttin Elsabe wird ihm wichtiger als die realen Begegnungen. So verwandelt sich Erwin Sommer, der reiche Geschäftsmann, in Erwin Sommer, der des Diebstahls und Mordes angeklagten Trinker. In der Entzugsanstalt versucht er die Geschehnisse zu rekonstruieren. Regisseurin Mona Rosenquist extrahiert dafür aus dem Roman Falladas in markanten Einzelszenen den Entwicklungsprozess eines Mannes, der langsam den gesellschaftlichen Boden unter den Füßen verliert. In seinem eindringlichen Monolog gibt Schauspieler Wolfgang Noack alles. Er zittert, schreit, schluchzt, bricht zusammen, wimmert, stürzt, klagt, schlägt. Er spielt sowohl seine Frau, seine Mitinsassen, seine Geldgeber wie auch sein zweites Ich. Er ist am besten in dem leisen, eindringlichen Momenten, die er fein auszuspielen versteht. Die Verzweiflung eines Mannes am Abgrund ist in jedem Moment des gut einstündigen Stückes in der intimen Atmosphäre des Theater N.N. als Inszenierung des Theater Musenkuss spürbar. Birgit Schmalmack vom 17.2.12
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