Opera of Hope, Kampnagel
So hat Preach keinesfalls eine klassische Oper in die K6 auf Kampnagel gebracht. Vielmehr ist es ein Mix aus Tanz, Schauspiel, Musik und Metatext geworden, der alle Ebenen ansprechen soll. Doch stets wenn die eingängige, harmonische Musik, die sich an Pop, Gospel und Soul bedient, zum Hineinfallen einladen könnte, bricht sie ab und die Wirklichkeit der Welt zwingt zum Nachdenken. Klischees und Vorurteile sollen das Miteinander nicht bestimmen, sondern die real erlebbare Individualität. So möchte Samba weder eine "Femme fatale" noch eine "Femme fragile" sein, sondern eine "Femme real".
Correctiv, Kampnagel
Der Abend auf Kampnagel, den Correctiv mit Intendantin Amelie Deuflhardt zusammen auf die Beine stellt, soll daran erinnern, was es zu verteidigen gilt. Damit diese Demokratie auch mit Leben gefüllt wird, laden die Veranstalter nach dem Vortrag zu Gesprächen mit Getränken und Snacks an die langen Tische im Foyer ein. Wem die Lecture Performance von Peters noch nicht genügend Stoff dafür gegeben hat, bekommt durch drei Correctiv-Mitarbeiter:innen und ihre Impulsvorträge noch weitere Anregungen. Dass kurz zuvor in einigen Zeitungen kritische Berichte zu dem Jahrestag der Correctiv-Recherche erschienen waren, sorgt zusätzlich für Diskussionsbedarf. Welcher Mittel darf sich kritischer investigativer Journalismus bedienen, um für Hinterfragung und Aufdeckung zu sorgen? Auch das wird an den Tischen eifrig diskutiert.
Schachnovelle, Altonaer Theater
Für die Spaltung seiner Persönlichkeit, die dafür nötig war, findet der Puppenspieler ein überaus passendes Bild: Er teilt den Kopf der Puppe in zwei Hälften und lässt sie gegeneinander antreten. Die eine Hälfte ist auf der Rückseite schwarz, die andere weiß, ganz wie die Schachfiguren. Im Gastspiel der Cipolla Bühne auf der Bühne des Altonaer Theaters wird aus der Erzählung von Stefan Zweig "Schachnovelle" durch geschickte Vor- und Rückblenden ein spannendes Theaterstück. Der Bug des Schiffes verwandelt sich mit wenigen Handgriffen in die Einzelzelle von Dr. B. Der Musiker erschafft mit Cello, Akkordeon, Loopstation und Singender Säge einen Soundtrack, der zu einem weiteren Spieler auf der Bühne wird. Kautz gelingt es in seinem wandlungsfähigen Spiel sowohl die Passagiere zu karikieren wie die labile, desolate und verzweifelte Verfassung von Dr.B. nachfühlbar werden zu lassen.
Candlelight Concert: Hans Zimmer, MARKK
Dabei könnte die Kulisse nicht reduzierter und romantischer sein. Statt von künstlichem harten Scheinwerferlicht ist die Bühne nur vom warmen Licht der Kerzen erleuchtet und statt des riesigen Filmorchesters steht ein Streicherquartett auf der Bühne. Das Stella Quartett lässt die weltberühmten Kompositionen von Hans Zimmer in dem holzvertäfelten Hörsaal des Ethnologischen Museums in exzellenter Akustik erschallen. Die Arrangements extra für diese Besetzung lassen nichts vermissen. Ob sie nun mit Violine, Bratsche und Cello den Klang einer Duduk (ein traditionelles Instrument aus Armenien) für einen Part aus "Dune", ob sie mit der Violine eine elektrische Gitarre für den "Gladiator" oder durch Schlagen des Bogens auf das Cello ein Schlaginstrument aus "Sherlock Holmes" imitieren, ihrer musikalischen Kreativität scheinen keine Grenzen gesetzt. Denn die klassisch ausgebildeten Streichvirtuosen beherrschen ihre Instrumente und können ihnen auch Töne entlocken, die außerhalb der herkömmlichen Pfade liegen.
Endsieg, Schauspielhaus
Es ist ein für Jelinek ungewöhnlicher Abend geworden: erstens nur 90 Minuten kurz, zweitens auffallend wenig von ihren sonst üblichen Sprachspielen durchzogen und drittens mehr satirisch beschreibend als aufrüttelnd. Falk Richter folgt der Autorin, indem er das Motiv der religiösen Überhöhung bildlich und choreographisch zum zentralen Mittel seiner Inszenierung macht. So wird dieses zur Klammer für den eher kaleidoskopartigen, essayistischen Text, der die Wahl dieses Möchtegern-Gottes mit teuflischen An- und Absichten aus immer neuen Perspektiven in den Blick zu nehmen versucht. So brandaktuell kann Theater manchmal sein. (Foto: Thomas Aurin)
Steife Brise vs. Poetry Slam, Centralkomitee
Scheinbar zwei höchst unterschiedliche Disziplinen stehen hier heute Abend gemeinsam auf der Bühne und treten gegeneinander an. Dabei haben sie erst einmal wenig gemeinsam, wie auch der Moderator Sascha Theo Kühl zugeben muss: Auf der einen Seite stehen die Impro-Schauspielerinnen Tjorven und Verena vom Ensemble der Steifen Brise und auf der anderen die Poetryslammer Karoline und Hannes. Letztere bereiten ihre Texte sorgsam vor und feilen so lange an ihnen, bis sie genau die richtigen Worte gefunden haben, die sich meist auch noch reinem. Und die anderen leben ganz im Moment, vertrauen auf ihre Einfallskraft und Spontaneität, um sich witzige Szenen zu Schlagwörtern aus dem Publikum einfallen zu lassen. Damit man auch zwischen diesen zwei Disziplinen einen Wettstreit mit Publikumsvotum nach jeder Runde inszenieren kann, hat sich Theo fünf Runden mit Aufgaben für die Vier ausgedacht, die heute hier im Centralkomitee zur Freude des voll gefüllten Saales am Steindamm erfüllt werden müssen.
Kleiner Mann, was nun?, Ohnsorg
Anrührend wird in Falladas Roman "Kleiner Mann was nun?" die Ohnmacht der kleinen Leute geschildert. Armut macht krank, grenzt aus und erweckt Scham. Wird sich ihr Kämpfen lohnen? Auch wenn die Beiden stets versuchen, den Kopf oben zu behalten und nicht den Mut zu verlieren, so geht ihnen im Verlaufe ihrer Abwärtsbahn langsam die Puste aus. Doch die Liebe der Pinnebergs überwindet alles. Trotz der Depression, die auch Pinneberg aufgrund seiner Arbeitslosigkeit erfasst hat, findet er in seiner Frau den Halt, der ihn vor dem Absturz zu retten vermag. So lässt jedenfalls das letzte Bild hoffen. Während Lämmchen unter dem Türrahmen im Hellen steht und verzweifelt in der kalten und düsteren Laubenkolonie nach ihrem Mann Ausschau hält, liegt der zusammengekauert im Dunklen über ihr. Doch irgendwann reicht er seine Hand hinunter, sie streckt ihre nach oben und sie knüpfen wieder ihr Band der Gemeinsamkeit. Doch man weiß als Zuschauer natürlich, was den Beiden noch alles bevorsteht. So berührend, interessant und immer wieder aktuell kann ein über hundert Jahre alter Stoff auch heute noch sein. (Foto: Sinje Hasheider)
St Pauli Theater meets Elphilharmonie 2025
Der „kleine Kutter St. Pauli Theater“, wie Intendant Ulrich Waller es zu Beginn ausdrückte, hat es wieder einmal bis in die Premiumlage an der Elbe geschafft: Das St. Pauli Theater war zu seiner Neujahrsgala bereits zum sechsten Mal in die Elbphilharmonie geschippert und hatte so viele Gäste angelockt, dass die Ränge bis hoch unters Dach gefüllt waren. Moderatorin Katie Freudenschuss führte so galant und schlagfertig wie gewohnt durch den Abend und versprach gleich zu Beginn für die nächsten „sechs bis sieben Stunden“ eine Aneinanderreihung von Höhepunkten. (Copyright: Stephan Wallocha)
Der Zusammenstoß, Malersaal
Nun kommt es: das Ende der Erde! Mitten auf dem Potsdamer Platz soll der grüne Globus, den der Astronom entdeckt hat, mit der Erde zusammenstoßen. Schon sind alle in heller Aufregung. Dass der Wissenschaftler immer wieder betont, dass er sich auch verrechnet haben könnte, nimmt schon keiner mehr zur Kenntnis. Das Gerücht rast in Windeseile durch die Stadt.....Das ist nicht nur hintersinnig sondern es macht vor allen Dingen Spaß, dem ernsten Unsinn auf der Bühne zuzusehen. Aktuell ist dieses Stück außerdem: In unserer noch aufgeheizteren und schnelleren Medienwelt verselbständigen sich Gerüchte oder Fake News noch wesentlich rasanter und zunehmend sinnentleerter. (Foto: Maris Eufinger)
Dat Frollein Wunder, Ohnsorg
Denn davon lebt der Abend auch: Allesamt sind nicht nur schauspielerische sondern auch musikalische Talente. Auch wenn die Frauenband im Stück beim „Anglo-German-Swing-Festivals“ nicht über den Vorentscheid hinauskam, gewann sie dennoch den Herzenspreis des Publikums. Sehr verdient, kann man nur sagen. So waren am Schluss, nachdem sich trotz der Widrigkeiten Liebespaare gefunden hatten, etliche Zugaben fällig, bevor das Publikum sie im Ohnsorg Theater entließ.(Oliver Fantitsch)
Die Maschine, DSH
Was bleibt also übrig, wenn man Datensätze von lyrischem Material durch die Maschinen jagt? Im Schauspielhaus unter der Regie von Anita Vulesica und mit dem Spielenthusiasmus des exzellenten Ensembles vor allen Dingen sehr viel Spaß. Und nebenbei die Erkenntnis, dass nur der Mensch aus Sprache einen Sinn zu ziehen weiß. Ansonsten ist am Schluss nur vielsprachige Leere, die das Ensemble minutenlang ohne Sinn und Verstand ausspuckt, während der Lochkartendrucker endlose Papiere ausdruckt.(Foto: Eike Walkenhorst)
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