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Bernarda Albas Haus, Schauspielhaus Ihre Mutter wollte Sicherheit für sie. Sie dachte, dass sie sie ihnen nur in diesem Haus geben könnte. Sie ist gescheitert. Als sie erkannte, dass sie ihre Zügel nicht straff genug geführt hatte, sieht sie nur noch den Ausweg in die Sicherheit des Todes. Ihre letzten drei Töchter kann sie nur noch vor der Welt retten, indem sie sie umbringt und gemeinsam mit ihnen stirbt. Die absolute Sicherheit vor dem Leben gibt es nur im Tod. (Foto: Thomas Aurin)

 

Slow burn, Hamburg Ballett Zum Schluss erlaubt sich Forsythe einen Spaß. Hat er die Bewegungen von jeweils maximal drei Tänzer:innen bisher nur einzeln vorführen lassen, so lässt er in den letzten drei Minuten das ganze Ensemble dazukommen. Sieht man nun die Bewegungen in der Vervielfachung, nimmt man ihre Wirkung noch einmal ganz anders wahr. Plötzlich steht hier ein ganzes Ensemble voller Künstler:innen auf der Bühne. Konsequenterweise verbeugen sich zum Schluss nicht die einzelnen Solisten alleine, sondern bei jeder einzelnen Verbeugung das gesamte Ensemble in einer Reihe. Ein insgesamt interessanter Abend mit vielem, was Ballett auch sein kann. Und dennoch bleibt noch viel Luft nach oben und man darf gespannt sein, was das Hamburg Ballett noch zu bieten haben wird. (Foto: Kiran West)

 

Finale Furioso, Monsun Eingestreut in den keineswegs staubtrockenen Abend gibt es kleine Geschichten wie die von der Solidarität des Eichhörnchens. Das räumt seine gefundenen Nüsse zwar sorgsam weg und versteckt sie. Doch nicht, um sie selbst wieder zu finden, sondern von anderen Artgenossen finden zu lassen. Und die von einer Totenwaschung, von der auf Englisch erzählt wird, während der Tänzer Fernando Balsera sich auf den Boden legt und vom Choreographen William Sánchez H sorgsam mit einem Putztuch abwaschen lässt. (Foto. G" Baraniak)

 

Spiegelneuronen, Kampnagel Ein sehr klug gebauter Abend, der durchs praktische Erleben Erkenntnisse vermittelt, die ansonsten auf der theoretischen Ebene geblieben wären. Er spiegelt unsere Denk- und Verhaltensweisen auf geschickte, intelligente und unterhaltende Art wieder. Ein toller Abend, der den Erwartungen an Arbeiten von Rimini Protokoll und der Sasha Waltz Compagnie in jeder Hinsicht erfüllte. Dieses Mal sogar in Kombination. Wobei man anmerken muss, dass sich die Choreographie hier ganz in den Dienst der Sache stellte und vornehmlich dienende Funktion übernahm. (Foto: Bernd Uhlig)

 

KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT Die subtilen Gründe für diesen gewaltsamen Anpassungshorror um sich, wie es im Original heißt, der deutschen Mittelmäßigkeit anzupassen, werden hier nur angedeutet. So wird die Lust am Gruseln zu einem Spaß, der den Abgrund unter dieser Oberfläche nur erahnen lässt. Oder ist er so offensichtlich in einem Deutschland der Reihenhäuser, das zunehmend nach rechts rückt, dass er nicht mehr explizit genannt werden muss? Dann wäre dieses Grauen, das keine Ausgangstür mehr hat, wahrhaft angemessen.

 

IM CABARET, AU CABARET, TO CABARET, HfMT Jungregisseur Ivan Ruge verzichtet auf die Rahmengeschichte und konzentriert ganz auf die Musik. Nur durch sie will er die Umstände kommentieren. Im Mittelpunkt der Show steht sein Hauptdarsteller. Bei seinem Song "If you could see her (hier: him) through my eyes", offenbart der Conférencier seine Vorliebe zu seinem Bettgespielen. Der räkelt sich derweil nackt auf dem Podest, nur mit einer Hundeschnauze eines Schäferhundes angetan. Eine Anspielung auf den Schäferhund liebenden Hitler. Bei "Money makes the world go arround" kotzt er auf dem Boden liegend Geldstücke in einen Soldatenhelm, um sich dann als Gewinner zu erheben und sich von den anderen bewundern zu lassen.

 

Der alte Mann und ein Meer, HfMT Eine wunderbar poetische Umsetzung von Hemingways Roman „Der alte Mann und das Meer“ ist der Regisseurin Huijoon Ahn mit ihrer Arbeit an der HfMT gelungen. Mit wenigen klaren Mitteln, ausgewählter Ästhetik und gefühlvoller, wogender Musik, die Hyunjong Yoon für diese Arbeit komponiert hat. Eine philosophisch kluge, musikalisch vereinnahmende und ästhetisch stimmige Arbeit der Jungregisseurin Ahn, für das sie ein tolles Ensemble gewinnen konnte.

 

Zu Schad, Tonali Ein Löwe kann sich nicht löwiger verhalten, eine Spinne nicht spinniger, aber der Mensch? Kann der sich nicht menschlicher verhalten? Vom Großen ins Kleine, vom Universum bis zur Ameise, vom der Umlaufbahn bis auf die Bühne, Stephan Schad lädt ein zum Nach-, Neu- und Weiterdenken. Er liegt mehr auf dem Sofa als er sitzt, die eine Hand lässig an den Kopf gelehnt. Vor ihn sitzen ihm im Halbkreis seine heutigen Mitdenkenden im Seminarraum des Tonali.

 

Eigengrau, Sprechwerk Skinner hat vordergründig ein rasantes, kurzweiliges und pointenstarkes Stück geschrieben. Doch es jubelt den Zuschauer:innen ganz nebenbei eine Menge feministische Thesen unter, während sich auf der Bühne doch nur der ganz normale Wahnsinn von vermeintlich aufgeklärten Mann-Frau-Beziehungen abspielt, in denen der Gap zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer größer wird. (Foto: G2 Baranial)

 

A PLACE CALLED HOME, Kampnagel So erschuf Monique Smith-McDowell zusammen mit ihren herausragenden Tänzer:innen Alessia Vinotto, Isidora Soto Frias, Anam (Lukas) Lubisia, Virendra Nishad und ihrem „Philosophen der Hoffnung“ Zwoisy Mears-Clarke eine vielschichtige, ausdrucksstarke und gefühlvolle Choreographie, die die Bedeutung von Heimat jenseits von jeder unsäglichen Leitkulturdiskussion in hoffnungsvolle Bilder und Worte übersetzt. (Foto: Andreas Schmidt)

 

Ocean cage, Kampnagel Der dramaturgische Höhepunkt in dem sich fließend, intuitiv und meditativ entwickelnden Abend ist das Auftauchen eines lebensgroßen Pottwals, der sich von der Decke entfaltet. Er schwimmt in wiegenden Bewegungen durch die Halle, direkt vor den Zuschauenden. Wie der kleine Mensch Siko mit ihm in Kontakt zu treten versucht, macht die Gefährlichkeit dieser Begegnung deutlich. Doch der Tänzer wird seinen zunächst erhobenen Speer sinken lassen und darauf verzichten, das Tier zu töten. Stattdessen schreitet er dem Gott der Sonne entgegen und betet ihn an. Dieser Abend widmet sich dem Gefühl. Wer sich auf diese ganz andere Vorstellungswelt einlassen mochte, ging um eine Erfahrung reicher aus der K6 und musste sich selbst der Frage stellen, wie weit der herablassende westliche Blick gerechtfertigt ist.

 

Der eigene Tod, DSH Péter Nádas hat nach einem selbst erlebten Herzinfarkt sein Schweben zwischen Leben und Tod akribisch beschreiben und analysiert. Er betritt quasi stellvertretend für seine Leser:innen und hier auch im Malersaal für seine Zuschauer:innen ein Land, aus dem es normalerweise keine Rückkehr gibt. Doch dieser Reisende in dieses Zwischenreich zwischen Leben und Tod kann eine seltene Zeugenschaft vorlegen und stellt sich dieser Aufgabe mit größter Genauigkeit. Er beschreibt minutiös seinen Zustand des einerseits schwindenden Bewusstseins und andererseits gesteigerter Wahrnehmung in allen Details. Regisseur András Dömötör folgt seinem Essay mit ebenso viel Anteilnahme, Präzision und Unaufgeregtheit. (Foto: Maris Eufinger)

 

Gesetze schreddern, Malersaal Kevin Rittberger spürt mit seinem Stück, bei dem er auch Regie führt, den Möglichkeiten zur Verarbeitung der Zukunft nach. Während das Bühnenbild, das sich bis ins Foyer erstreckt, in vereinnahmender Düsternis von all den schon ausgestorbenen Tieren erzählt, die die Menschen schon ausgerottet haben, richtet er mit seinen beiden Schauspieler:innen Ute Hannig und Samuel Weiss den Blick auf die Chancen der Veränderung. Er lädt zu einem Gedankenspiel ein, das die Beiden stellvertretend auf der Bühne für die Zuschauer:innen ausfechten. Können Tiere, Landschaften und Ökosysteme zu eigenständigen Rechtspersonen werden? Müssen wir dafür zunächst ihre Sprache verstehen oder können wir als Menschen aus unserer Perspektive für sie sprechen? Kann der Kapitalismus dabei helfen, ihren Wert zu erkennen? Wird uns je die Wichtigkeit ihres Überlebens bewusst werden? Oder erst wenn es zu spät ist, wie der Bühnenraum es uns ausmalt? Ein theatraler Anregungsabend, der im Rahmen der größeren Reihe »Realnische 0« im Malersaal zur tätigen Gestaltung unserer Zukunft einlädt. (Foto: Maris Eufinger)

   

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 In Berlin probiert sich die Welt aus. Hält dieser Eindruck dem Praxistest stand? Interviews mit 52 Künstler:innen



Warum Berlin?

In Berlin probiert sich die Welt aus. Hält dieser Eindruck dem Praxistest stand? Interviews mit 52 Künstler:innen

Ich begebe mich für ein Jahr zu ausgedehnten Stadtspaziergängen in die Hauptstadt und begegne dabei ganz unterschiedlichen Weltberliner:innen, die mir berichten, wie sie Berlin erleben. Ganz nebenbei streifen sie in ihren Gesprächen alle aktuellen Diskurse Berlins zu People of Colour, Isra-Berliner:innen, Gentrifizierung, Queerness, Diversity oder Teilhabe.

http://warumberlin.de








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