hamburgtheater

..... Kritiken für Hamburg seit 2000

Trifles und American dream, Audimax

Specters, University Players

Der amerikanische Traum - nur eine Illusion.


Zwei unterschiedliche Welten, zwei unterschiedliche Regiehandschriften. Doch beide Male scheint das Familienglück vollkommen und zerbricht doch an der unliebsamen Realität. Im ersten Stück „Trifles“ von Susan Glaspell befinden wir uns in dem Wohnzimmer einer Familie auf dem Lande. Die Polizei ist schon im Haus, denn es ist ein Mord geschehen. Während die Männer alles scheinbar professionell unter die Lupe nehmen und geschäftig über mögliche Täter spekulieren, widmen sich die zwei Nachbarinnen den psychologischen Hintergründen. Sie fühlen sich in die Lage der Ehefrau ein, dessen Mann im Bett erdrosselt wurde. Auf der transparenten Rückwand sind Rückblenden in schwarz-weiß zu sehen, die von einem unglücklichen Eheleben sprechen, in der die Frau unterdrückt und wohlmöglich auch geschlagen wurde. Wusste sie keinen anderen Ausweg mehr, als sich von ihrem Mann zu befreien? Die zwei Nachbarinnen behalten ihren Verdacht für sich, denn sie spüren genau, wie die Ehefrau sich gefühlt haben mochte. Die Kostüme machen deutlich, dass das Stück nicht aus der Gegenwart stammt. Doch nach und nach legen die Frauen den Reifrock und das Korsett ab, dass sie über ihren Kleidern trugen. Sie befreien sich von ein paar der Konventionen, auch wenn sie dennoch in ihren Rollen verhaftet bleiben. Wenn die eine Nachbarin kurz vor Ende die aktuellen Zahlen der Gewalt gegen Frauen nennt, wird deutlich, dass dieses Problem auch heute keinesfalls überwunden ist. So holt das Regieteam Charlie Bierend und Lydia Preusch das Stück von 1916 direkt in die Gegenwart.

Comicbunt ist die Ausstattung des zweiten Stückes. Die quietschbunten Kostüme, die herrlich überzeichnet und mit Plastikaccessoires verziert wurden, machen klar, dass „American dream“ von Edward Albee eher als die Karikatur einer heilen Welt zu verstehen ist. Doch Mommy und Daddy geben sich zunächst als das vorbildliche Ehepaar. Sie mit ihrer roten Schürze, er als der geduldige Zuhörer, der bei ihren langatmigen Geschichten nur mit Mühe wach bleiben kann. Die dritte Mitbewohnerin des Haushalts kommt hereingerollt. Unter der Plastikfolie hat sich Oma eingerichtet. Sie spielt ihre Rolle der halb dementen Großmutter, die auf die Tochter und den Schwiegersohn angewiesen ist, perfekt. Dennoch kann sie sich etliche Bemerkungen nicht verkneifen, was alte Leute heute so alles zu ertragen hätten. Es wird schnell klar, dass sie viel mehr versteht, als die anderen ihr zutrauen.
Eine Besucherin wird hereingelassen, sie stellt sich als Leiterin einer Adoptivgesellschaft heraus. Das Ehepaar will die letzte Lieferung reklamieren. Der gelieferte Sohn entsprach nicht ihren Wünschen. Als ein junger Mann auftaucht, der dem Adoptivkind zum Verwechseln ähnlich sieht, erkennt die Oma, dass dieser junge Mann, der mit seinen Sixpacks und seinem strahlenden Lächeln wie der Amerikanische Traummann aussieht, der perfekte neue Austauschkanditat sein könnte.
Die Inszenierung dieses bitterbösen Stück ist unter der Regie von Felix Krebs zu einer überaus gelungenen Satire auf die amerikanische Traumfamilie in einer Leistungsgesellschaft, in der alles bright and wonderful sein soll, gelungen. Das liegt auch an den herausragenden schauspielerischen Leistungen aller Beteiligten. Besonders den Darstellerinnen der Mommy und der Oma gelingen wahre Meisterstücke der punktgenauen Hinterhältigkeit, die unter der schönen Fassade lauert.
Insgesamt ein toller Theaterabend der University Players, der zwei Schlaglichter auf die doch nicht so heile Familienwelt warf.
Birgit Schmalmack vom 4.2.25



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