Puppentheater für Fortgeschrittene

Klasse, KLasse Theater Strahl


Nach und nach trudeln die Schülerinnen in das Klassenzimmer. Da kommt der kleine Trottel mit der buntgeringelten Pudelmütze, der immer gemobbt wird. Die Streberin, von der alle immer abschreiben. Der Dickliche, der die Schöne mit den langen blonden Locken anhimmelt, die er nie kriegen wird. Die Chantal, die nur damit beschäftigt ist, ihre Haare zu kämmen und Selfies zumachen. Die gutmütige Dicke, mit der jeder gerne befreundet ist. Der schweigsame geheimnisvolle Gruftie, der interessant wirkt, ohne dass er dafür etwas tun muss. Die dunkelhäutige Coole, die immer die neusten Hits auf den Ohren hat und der völlig Verpennte, der durch seine Neigung jedem, der ihm nicht passt, eine zu verpassen, zu Ansehen gebracht hat. Und dann der Oberstreber, der jede Antwort weiß und mit seiner Regelkonformität den anderen gehörig auf die Nerven geht.

Während in der ersten Hälfte die Schüler im Mittelpunkt stehen, wird danach der Spieß umgedreht. Nun sind die Lehrer dran und ihre Überforderung. Da gibt es die junge Anfängerin, die verzweifelt aus dem Klassenraum rennt. Da gibt es die strenge Ältere, die erst die Schüler fertig macht und dann selbst zur Zielscheibe wird. Da gibt es den jovialen Sportlehrer, der den Mädchen zu nahe rückt und von ihnen zur Rechenschaft gezogen wird. Übrig bleibt der kopfschüttelnde Schulleiter.

Hier kann sich jeder wieder erkennen. Das ist Patrick, das ist Jaqueline, flüstern sich die anwesenden Schüler zu, während auf der Bühne das Schulgeschehen ganz ohne Worte erzählt wird. Das Theater Strahl hat eine einzigartige Mischung aus Beatboxgeräuschen und Puppentheater entwickelt Mit ihren ausdrucksstarken Puppenköpfen, die die Schauspieler*innen sich aufsetzen, und der Soundkulisse des Beatboxers Daniel Mandolini kreieren sie einen einfühlsamen Erlebnisraum auf der Bühne. Die Schüler lauschen still und fasziniert der Geschichte. Weil das Ensemble unter der Leitung von Michael Vogel sich traut, auch stille Momente in die actionreichen Spielszenen einfließen zu lassen, zieht das Geschehen auch die jungen Zuschauer*innen in seinen Bann. Das will bei einer Gruppe Jugendlicher was heißen, wie man auf der Bühne beobachten konnte.

Birgit Schmalmack vom 8.9.20