Die Brotfabrik ist ein besonderer Verein. Und zwar im tatsächlichen Sinne. Die Kultureinrichtung mit Kino, Galerie, Werkstatt, Kneipe und Bühne ist ein eingetragener Verein. Daher unterliegt ihre Finanzierung anderen Bedingungen als die anderer Bühnen. Sie wird zum einen vom Bezirk und zum anderen von der Stadt gefördert. Der Bezirk hat nun dafür gesorgt, dass auch in einer Zeit, in der keine Einahmen fließen können, die Brotfabrik nicht pleite gehen wird. Die Ausgaben für Miete und Betriebskosten werden so weit gedeckelt, dass eine drohende Zahlungsfähigkeit ausgeschlossen ist. Sie erhalten eine Spielstättenförderung vom Land und eine Förderung vom Bezirk Pankow. Kurzarbeit war zunächst für die Mitarbeiter*innen angesagt, die als freie Mitarbeiter*innen mit Werkverträgen angestellt sind. Seit die Kneipe wieder öffnen durfte und jetzt auch das Kino, belebt sich die Brotfabrik wieder. Leider mussten sie am 15.5. ihr 30jähriges Jubiläum im Mitarbeiter*innenkreise ohne Zuschauer*innen feiern. Doch zum Glück durfte genau an diesem Tag die Kneipe ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Förster ist froh, dass diese Verhandlungen nicht zu seinen Aufgabengebieten gehören. Dafür ist der Vereinsvorstand zuständig und zwar stellvertretend für alle Abteilungen der Brotfabrik . So konnte Förster sich auf das konzentrieren, was er am liebsten macht. Gestalten. Wo er sonst gerne auch die Anregungen der Künstler*innen aufgreift, die bei ihm Anfragen stellen, fand er jetzt wieder einmal vermehrt Zeit für eigene Arbeiten. So startete er schon am 14.3. sein erstes Streaming-Angebot. Auch wenn beim ersten abgefilmten Abend in der Kneipe noch nicht alles glatt lief und die Technik hin und wieder einen Streich spielte, ließ sich der Leiter nicht entmutigen. Statt aufzugeben, entschied er sich zu einem wöchentlichen Online-Kneipenabend. Doch ab jetzt vorproduziert und als Youtube-Premiere präsentiert, aber weiter mit einem begleitenden Live-Chat.
Er entwickelte seine Produktion "Theater geht", bei die Besucher*innen ganz neue Erfahrungen hinter den Kulissen der Brotfabrik machen können. Und er hatte die Idee zu einem ganz neuen Format: zu einem virtuellen Escaperoom-Spiel an der Grenze zwischen Game und Theater. Die drei Voraufführungen mit Testteilnehmern wurden zu einem vollen Erfolg, so dass Förster dieses Konzept unbedingt weiter fortführen will.
Förster ist es gewohnt ein riesige Bandbreite an Bühnenformaten zu arrangieren. Er hat die Kindertheatersparte an der Brotfabrik etabliert. Er realisiert 300 Aufführungen mit ca. 60 Gruppen im Jahr. Er sieht sein Haus als Plattform für die Freie Szene und ganz besondere gut geeignet zum Flügge-Werden. So animiert er Regiestudenten zu Aufführungen in der Brotfabrik, indem er ihre Abschlussarbeiten gerne bei sich zeigen lässt. So entstünden wertvolle Kontakte.
Förster hat es einmal durchgerechnet. Ihm ist klar: Bis zum Ende des Jahres werden ihm ca. 20000€ fehlen. Das sei eine Menge bei einem Gesamtetat von 88000€. Das sei auch im nächsten Jahr nicht wieder reinzukriegen. So verzichtet er auch die dringend notwendigen Investitionen. Es gehe schließlich ums Überleben, da müssten die alten Vorhänge, die an vielen Stellen einfach mit schwarzem Panzertape geflickt werden, eben noch etwas durchhalten.
Förster fragt sich: Was wird nach Corona anders sein? Business as usual ist für ihn nicht attraktiv. Welche Relevanz hat das Theater nach Corona für die Menschen? Wie könnte das Spiegelbild aussehen, dass das Theater dann der Gesellschaft vorhalten wird?
Über eine kommende Produktion freut er sich deshalb besonders: Ein Maskenball in sieben Stationen mit dem Titel " 404: future not found", das am 8.8. Premiere hat. Da hätte sich das Künstlerteam explizit mit der veränderten gesellschaftlichen Situation auseinandergesetzt und dies in eine neue Bühnensituation übersetzt.
Birgit Schmalmack vom 10.8.20
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Theater in der Krise?
in Berlin