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Arabboy
Big Boss
Nabil, der Herrscher über die Puffs im Rollbergkiez, ist Rashids großes Vorbild. Als er die Chance bekommt als sein Chauffeur zu fungieren, wähnt er sich seinem Ziel schon nahe: Er glaubt sich am Anfang seiner kriminellen Karriere. Doch das große Geld macht er nicht: Stattdessen bessert er sein angekratztes Ego mit Prügeleien, Gewaltvideos und Vergewaltigungen Jüngerer und Schwächerer auf. Als er sich immer mehr mit Drogen zudröhnt, ist der Absturz vorprogrammiert. Seine Mutter kommt ihn noch im Gefängnis besuchen, für seinen Vater ist er nicht mehr existent. Als er in die Türkei abgeschoben wird, hat er nur noch ein Ziel: In das Land zurück zu kehren, dass er hasst und das dennoch die einzige Heimat ist, die er je hatte.
Im Berliner Heimathafen ist die Geschichte eines Neuköllner Jungen ortsnah auf die Bühne gebracht worden. Der Roman der ehemaligen Sozialarbeiterin Güner Balci lieferte die authentische Vorlage. In der Umsetzung von Nicole Oder wurde daraus ein packendes Theaterstück, das das Publikum im Thalia in der Gaußstraße begeisterte. Hüseyin Ekici gab der Hauptfigur viel natürliches Lokalkolorit und die beiden Schauspieler Sinan Al-Kuri und Inka Löwendorf mimten alle weiteren Rollen in seinem Leben. Gespannt verfolgte man die unaufhaltsame Abwärtsspirale aus Perspektivlosigkeit, Demütigung und Brutalität des heimatlosen Jungen, der sich in den Chatrooms „Arabboy“ nennt - in Ermangelung klar zu umreißender Wurzeln. Eine überaus gelungene Inszenierung, die mit wenigen Mitteln auf der leeren weißen Bühne mit den Zeitebenen, den Perspektiven und den Erwartungshaltungen spielt. Nicole Oder entscheidet sich klugerweise für eine rein deskriptive Umsetzung der Gewaltszenen. Dennoch bleibt die zaghafte Frage einer Zuschauerin am Ende der Aufführung: Wo bleibt die Hoffnung?
Birgit Schmalmack vom 5.2.10