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Dreigroschenoper



Der Mensch an sich ist schlecht
Eine öde Steinwüste ist die Erde, auf die die Menschen ihr Leben fristen müssen. In hautfarbenen Trikots ohne jede Verkleidung kommt ihre Natur gnadenlos zum Vorschein. Und die ist schlecht.
Berthold Brecht weiß warum: „Der Mensch ist gar nicht gut“. Das ist nur logisch, denn „die Verhältnisse sind nicht so.“ Schließlich ist klar: „Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral“. Nur Gaunerei und Korruption füllen die Mägen.
Eine Krönungszeremonie bindet die Aufmerksamkeit der Herrschenden und soll von dem Leid der Armen ablenken. Doch der Bettlerkönig Peacham (Hanns Jörg Krumpholz) ruft zur Gegenwehr auf: Er organisiert eine Demonstration des Elends. Der Hauptsheriff von Scotland Yard, Tiger Brown (Jürgen Uter), hat also viel zu tun: Einerseits will er seinen Jugendfreund, den stadtbekannten Ganoven Mackie Messer (Tim Grobe) vor dem Galgen schützen, um seine gute Einnahmequelle nicht versiegen zu lassen, doch gleichzeitig muss er für Ruhe bei den königlichen Feierlichkeiten sorgen. Als Mackie Polly (Katja Danowski) heiratet, werden etliche andere Damen extrem eifersüchtig. Die Seeräuber-Jenny verrät ihn schließlich aus Rache an die Polizei.
Der Regisseur Jarg Patakis gewinnt der Dreigroschenoper trotz des engen Rahmens, den Brechts Erben jeder Aufführung anlegen, eine abstrakte, neue Sichtweise. Stilisiert nimmt er den Figuren zwar ihre Persönlichkeit, aber schenkt ihnen dafür eine artifizielle Universalität, die jedem folkloristischen Ansatz vor vornherein eine Absage erteilt.
Zwischen zwei Gerüsten steigt ein Gitterkäfig beständig nach oben. Mackie bezieht auf seinem Dach Stellung, von dem es lange Zeit so aussieht, als wenn der Fahrstuhl ihn direkt an den Galgen und damit wohl eher in die Hölle bringen würde. Doch ein unerwartetes Happy-End am Schluss erlaubt allen Menschen, ab arm oder kriminell den Aufstieg bis in den Bühnenhimmel.
Alle sind sie gleich. Nur die kleinen Insignien ihrer Rolle zeichnen sie kurzfristig vor den anderen aus. Die eine trägt einen feinen Hut, der nächste eine Hemdbrust, der andere gar seinen freien gestählten Oberkörper und die letzte schwarze Strümpfe zu Lackschuhen. Alle sind sie gefangen in ihrem Gitterkäfig, der sie zwar hoch hinaus, aber dennoch auf engstem Raume auf gleiche Stufe stellt.
Die Musiker sind Teil der Bühne und blasen mitunter den Schauspielern direkt den Marsch. Durch frei improvisierte Überleitungen wird Weills Musik intelligent weitergedacht. Tolle Inszenierung, die für ein volles Haus auch nach der Premiere sorgte.
Birgit Schmalmack vom 4.5.10