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Ein Lehrstück
Ein Lehrstück stellt den Regisseur heutzutage vor einige Herausforderungen. Wie will er diese Form, die belehrend und allzu vorhersehbar erscheint, für das heutige Publikum noch interessant gestalten?
Im „Badener Lehrstück“, wird der Frage nachgegangen, ob der Menschen den Menschen überhaupt helfen kann, sollte und will. Das geschieht anhand von vier neugierigen, waghalsigen Menschen, die die Gesetze der Schwerkraft in Frage stellen und das Fliegen erproben wollen. Doch sie stürzen zu Boden und sind nun auf die Hilfe der unten Gebliebenen angewiesen. Die sie ihnen verweigern. Schließlich sind diese der Meinung, dass ihnen der Wagemut dieser Draufgänger nur zusätzliche Belastung einbringe.
Regisseur Jörg Seemann belässt den Text ganz in seiner ursprünglichen Form. Mit seiner Nachwuchstruppe „Skampis“ schlägt er folgenden Weg der Inszenierung ein: Er nutzt geschickt die Jugend und Frische seiner sechs Darstellerinnen, um Distanz zwischen dem Text von Bertholt Brecht und der heutige Sichtweise zu bringen. In T-Shirt und Jeans lässt er sie mitten zwischen den Zuschauern spielen, denen er für das einstündige Spiel die Sitzmöglichkeit nimmt. So formieren sie sich in der Kampnagel immer neu, je nachdem wo es etwas zu sehen gibt. Die jungen Darstellerinnen schafften es, Aufmerksamkeit für den Text zu wecken. Blieb der Lehrstückcharakter auch schwierig, so regten doch die in ihm gestellten Fragen zum Nachdenken an.
Birgit Schmalmack vom 1.5.06