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Alles, Showcase Beat Le Mot

Eine Zaubershow der Sinne

Am Stehpult hält Veit Sprenger eine Filibusterrede, die sich dadurch auszeichnet, dass sie zwar inhaltsleer sein kann, aber von so langer Dauer sein muss, dass jeder Widerstand der Zuhörer sich in Erschöpfung auflöst. Auch die Aufführung „Alles“ von Showcase Beat Le Mot auf Kampnagel hat eine beachtliche Länge: Vier Stunden dauert sie. Doch das Performer-Quartett scheut keine Mühen, seine Zuschauer diese Zeit so angenehm wie möglich verbringen zu lassen. Showcase Beat Le Mot sind gute Gastgeber. Sie sorgen für ihr Publikum. Platz ist genügend vorhanden, jeder darf sich frei bewegen, der Blick hinter die Kulissen ist erwünscht. Eine Bar versorgt mit Getränkenachschub. Eine Suppe wird gekocht. Während sich ihr Duft im Bühnenraum verteilt, kann der Appetit wachsen. Gemütlich auf Sofas und Polstern darf man beim Essen und Zuschauen lagern.
Dabei haben sie sich inhaltlich durchaus schwere Kost vorgenommen: Das Mysterium des Lebens wollen sie erkunden. Über die Jahrhunderte hinweg durchforsten sie die Geschichte nach dafür Verwertbarem. Texte von E.T.A. Hofmann, Platon, Eco oder Rob liefern ihnen dafür Stoffe. Auch bei den Alchemisten sind sie in die Lehre gegangen: Aus den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde wird ein Welten-Ei erschaffen. Als der Performer das 5. Element Äther hinzutut, wird aus ihm sogar der Stein der Weisheit, der alles vergoldet.
Aus dem kreativen Sperma der Performer-Runde ergibt eine sich neue virtuelle Kreatur, die per PC mit ihnen kommuniziert. Kinderbriefe an den Satan werden verlesen. Die Geschichte von 4711 wird erzählt. Plastisch wird seine Wirkung vorgeführt. Ein Teigklumpen wird durch bestäuben mit dem Original-Vorläufer des Duftwassers zum Leben erweckt.
Der Golem-Mythos wird anhand eigener Erfahrungen ergründet. Er stellte dem Team einst seine unerschöpfliche Arbeitskraft zur Verfügung. Die Aufforderung zur Selbstzerstörung beendete die Zusammenarbeit.
Der Schwendimann auf der Suche nach dem rechten Haus für ihn auf Erden. Er findet es erst im Totenhaus. Dazu tanzen die neonleuchtenden Gerippe ihren Totentanz.
„Alles hätte auch einfacher sein können“, meinen Showcase zum Ende hin. Doch dann wären sie nicht die Gestalter der großen Vielfalt, die sie nun mal sind. Aus einer Buchstabensuppe zaubern sie Geschichten. Aus Sieben, Glastellern, Farben und Folien entstehen die schönsten Projektionsbilder. Auf dem guten alten OHP werden Farbspiele erschaffen. Aus Tönen, Beats und Klängen wird ein Technosog, der unwiderstehlich in die Welt der Performer hineinzieht. Man folgt ihnen in ihre philosophischen Welten, deren Geschichten nach Einordnungsversuchen fanden. Doch rein verstandesmäßig ihnen folgen zu wollen, greift zu kurz, sie wollen mit allen Sinnen entführen.
Für manchen Zuschauer waren das ein paar Grenzüberschreitungen zu viel. Wenn der Alkoholnachschub ständig verfügbar, die Sofas gar zu gemütlich sind, der Ein- und Ausgang ständig offensteht, kann die Zuschauerrolle schon verschwimmen. So störte ein Zuschauer die Aufführung am Sonntag so stark durch lautstarke Kommentare, dass selbst die Performer Mühe hatten, nicht aus ihrer Rolle zu fallen.
Birgit Schmalmack vom 7.3.12




 

Alles auf Kampnagel by Showcase Beat Le Mot

Zur Kritik von

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