Amanullah
Das gibt’s nur in Berlin
Im zwar renovierten, aber dennoch immer noch hübsch demolierten Prater wird großer Besuch erwartet. Nicht nur das Premieren Publikum verstopft den Gehweg vor der Volksbühnen-Ersatzbühne sondern auf der Bühne soll der afghanische König Amanullah erscheinen. Das reale Ereignis war zwar schon 1928, aber Frank Castorf lässt ihn nach einem Schwank von Franz Arnold und Ernst Bach im heutigen Berlin nochmals eintreffen.
Volkstümlich wird es dabei in der Volksbühne. Auf geblümten Sitzkissen rutscht man auf den langen Bänken zusammen und besorgt sich schon mal während der laufenden Vorstellung Biernachschub. Unbestreitbar hilft eine nicht allzu nüchterne Betrachtungsweise dem Spaß an dieser Inszenierung auf diese Sprünge. Volker Spengler mit verrutschter Pelzmütze, Frank Hosemann mit falschem Bart, Franziska Hayner mit wehenden goldenen Gewändern, Sir Henry mit allerlei nettem Liedgut am Klavier, die schöne Schwarze Rosalind Baffoe in immer kürzeren Kleidern und Anne Ratte-Polle als durchsetzungsfähiger Emporkömmlingin – alle diese sorgen für den Spaß am hohen Besuch. Denn in der boulevardesken Verwechslungskomödie wird keine Möglichkeit zum Schenkelklopfen ausgelassen. Die Türen schlagen stets heftig ins Schloss der Pappmachewand, die mit aufgemaltem Kamin den Salon im Palais Prinz Albrecht vorstellen soll. Hier wurde der afghanische König kurzerhand einquartiert, weil ein Wasserrohrbruch seine Logis im Schloss unmöglich machte. Ungünstig allerdings dass gleichzeitig dort ein Filmteam die Ankunft des Königs filmen soll. Günstig wiederum für jede Art von Verwicklungen, die Castorf und sein Ensemble weidlich ausnutzen. Natürlich fehlten auch die theater- und gesellschaftskritischen Anmerkungen, die einen Abend in der Volksbühne erst zu einem intellektuell ansprechenden Ereignis werden lassen, das vom Premierenpublikum dann mit viel Applaus belohnt werden kann, nicht.
So bekam jeder dass, was er sich erhofft hatte: Die einen viele absurd witzige Anlässe zum Ablachen, die anderen einige Denkanregungen und die letzten eine Berliner Institution vorgeführt, die es wohl so nur in der neuen Hauptstadt geben kann, die den Trash ehrt, wie kaum eine andere.
Birgit Schmalmack vom 14.4.09




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Invasion berlin
Der einsame Weg