Wie geht es DorkyPark?


Constanza Macras ist gerade aus Düsseldorf zurück. Dort durften sie, 4 Tänzer*innen ihrer Kompanie DorkyPark und 7 Schauspieler*innen am Schauspielhaus mit ihrem Stück “Hyperreal" die neue Saison eröffnen. Nach so langer Zeit zu sehen, dass ihr Publikum noch da ist, sei eine wunderbare Erfahrung gewesen. Offensichtlich für beide Seiten: In seinem Schlussapplaus hätte sie das Gefühl gehabt, dass sich die Zuschauer*innen alle Mühe gaben trotz der stark verringerten Zahl aufgrund der Hygieneregeln den Eindruck eines vollen Hauses zu erwecken.
In Berlin sieht die Situation etwas schwieriger aus. Constanza Macras bekommt zwar schon seit 2010 eine Konzeptförderung für ihre Arbeit. Doch der Betrag war immer schon sehr knapp bemessen. Als die Förderung um weitere vier Jahre verlängert werden sollte, fragte sie „sehr brav“ um eine Erhöhung der Mittel an. Sie wurde nur teilweise gewährt. Zusätzlich musste DorkyPark jetzt seine Räume in der Klosterstraße aufgeben. Nach einer drastischen Mieterhöhung und dem Verkauf des Gebäudes wollte Macras das ohnehin knappe Geld lieber für ihre künstlerische Arbeit und das Engagement von Tänzer*innen nutzen, statt ihr Studio zu finanzieren. Obwohl sie völliges Verständnis für die derzeitige Krisenlage hat, ist sie manchmal ein wenig enttäuscht, dass der Zugewinn ihrer Kompanie für die Stadt nicht ausreichend gewürdigt wird.
Mit seinen Büroräumen kann DorkyPark hoffentlich bald in die „Fahrbereitschaft“ in Lichtenberg umziehen. Das Mäzenen-Ehepaar Haubrok hat dort auf dem ehemaligen DDR-Betriebshof einen Platz geschaffen, auf dem sich Gewerbe und Kunst begegnen können. Auch Räume für Aufführungen kann die Kompagnie dort nutzen. Dass diese außerhalb des Zentrums im Osten der Stadt liegen, findet Macras spannend; die Lage könne ebenfalls beim Publikum für Bewegung sorgen.
Bisher fand DorkyPark seine Bühnen auch stets in den großen Stadttheatern der Stadt. Das gestaltet sich in Zeiten von Corona jedoch schwierig. Die geplanten vier Vorstellungen von „The West“ an der Volksbühne sind alle auf das nächste Jahr verschoben. Ebenso, die im HAU geplante Produktion. Es stellt sich die Frage, ob die reduzierten Zuschauerzahlen ausreichend sein würden, um die Kosten für Produktionen zu decken. „Wenn die Tänzer*innen sich nicht berühren dürfen, können wir das machen“, meint Macras. Aber auf Kostüme, wenn diese zwingend wichtig für die Intention des Stückes seien, könne sie nicht verzichten. So heißt es auch hier, erst einmal abzuwarten.
Doch unterdessen sorgt sie weiter unermüdlich dafür, dass ihre Tänzer*innen zu sehen sind. Für den Oktober hat sie die Produktion "Bibliomaniacs" des "Itinerant Dance Ensemble" initiiert; eines Projektes von DorkyPark speziell für die Förderung jünger Tänzerinnen. Es wird im Kindl-Zentrum stattfinden. Statt der für Dezember geplanten Uraufführung von „Stages of Crisis“ am HAU entschied sie sich mit dem dafür vorgesehenen Cast für eine Wiederaufnahme und Neuinszenierung von „Album“. Durch die veränderten Tänzer*innen entstünde damit in der neuen Location „Fahrbereitschaft“ ein völlig neues Stück. Über das Programm „Reload“ zur Förderung von Research Projekten zu neuen Formen künstlerischer Zusammenarbeit im Zeichen der Corona-Krise kann sie ein Projekt mit Tänzer*innen in Berlin und Südafrika finanzieren. Hierin sieht Macras auch die Möglichkeit Künstler in anderen, noch stärker betroffenen Ländern zu unterstützen.
Denn durch ihre weltweite Arbeit hat Macras Einblicke in die Auswirkungen der Pandemie auch jenseits der Grenzen Deutschlands. In Südafrika kämpfen die Künstler ums Überleben, in Argentinien steigt die Armutsgrenze auf 50% der Bevölkerung, in den nördlichen Ländern des Westens gehe es den Kulturschaffenden relativ gut, in Italien und Spanien würden die Mittel drastisch gekürzt. Doch sie erkennt auch: Nur die Mittelklasse durfte sich im Homeoffice vor dem ansteckenden Virus in Sicherheit bringen. Die Arbeiterklasse war gezwungen weiter Geld zu verdienen. Das sieht sie auch daran, dass einem geplanten Kulturfestival in Chile keine Mittelkürzungen drohen; es wird zu großen Teilen von der Bergbauindustrie finanziert. Und die produziert weiter wie bisher.
Eins ist sicher: Das Energiebündel Macras bleibt erfinderisch, wenn es um den finanziellen Erhalt ihrer Kompanie geht. Sie ist es nicht anders gewohnt. Dank ihrer hervorragenden weltweiten Vernetzung und ihres anscheinend unerschöpflichen Engagements wird sie ihre Kompanie auch durch diese Krise bringen, trotzdem bleibt die Unterstützung durch die Stadt Berlin für ihre Arbeit fundamental. Zusätzlich hält sie eine kleine Preiserhöhung der Tickets für zumutbar. Statt eines weiteren Bieres beim Späti vielleicht lieber die Kulturszene unterstützen?
Birgit Schmalmack vom 13.10.20






Druckbare Version


Wie geht es M. Metzner und Ch. Schüchner?