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Ich will meinen Krieg, niemand kann ihn mir nehmen

Flieg, Prinz Propell, flieg, Monsun Foto: G2 Baraniak


Ähnlichkeiten mit heutigen weltpolitischen Konstellationen sind rein zufällig. Denn die Entstehung dieses Stückes von Michael Müller lag, man mag es kaum glauben, vor dem Beginn des Ukraine Kriegs. Regisseurin Francise Hüsges fand jedoch, dass genau jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um es auf die Bühne zu bringen.
Zwischen den beiden verfeindeten Ländern Redlich und Schädlich steht eine unüberwindliche Mauer. Auf der einen Seite regiert ein König, der sich weder für seinen Sohn noch für die Staatsgeschäfte interessiert. Er will sich eigentlich nur seinen Erfindungen widmen, die aber nie umgesetzt werden. Auf der anderen Seite regiert eine Königin, die dagegen die Ausbeutung aller Ressourcen in ihrem Land so weit vorangetrieben hat, dass zwar alle Menschen bis zum Überdruss im Überfluss leben, aber auch alle grünen Stellen des Landes vernichtet haben. So wächst der Hunger der Königin auf Eroberung des Nachbarlandes, in dem es noch unberührte Küstenstreifen gibt. Das trifft den König auf der anderen Seite völlig unvorbereitet, also fällt ihm nur ein altes Mittel ein: Sein Sohn soll die Prinzessin von Schädlich heiraten und so den Krieg abwenden.
Es braucht allerdings schon die Form des Märchens, dass die Herrscherin von ihrem Vorhaben abgebracht wird, auf ihren Krieg zu verzichten. So durften die Zuschauer:innen am Premierenabend vor ausverkauften Rängen miterleben, wie sehr sich Mut und Einsatzbereitschaft lohnt. Denn nachdem der Prinz drei lebensgefährliche Prüfungen bestanden hat, ist der Krieg kein Thema mehr und die Mauer zwischen den beiden verfeindeten Ländern kann eingerissen werden.
Zwar ist das Setting des Märchens eindeutig, aber viele Erwartungen werden geschickt unterlaufen. Am Ende läuten hier - so viel sei verraten - keine Hochzeitsglocken. Das Happy End zum Schluss fällt anders aus als üblich. Hüsges hat mit Mitgliedern des Backstage Ensembles aus diesem Stoff ein Familien taugliches, poppig buntes Vergnügen mit Tiefgang werden lassen. Zwischen grünen Transparentvorhängen, die zu immer neuen Räumen arrangiert werden können, erschafft sie eine gelungene Gesamtkomposition aus Musik, Schauspiel und Choreographie. Die jungen Schauspielerinnen (Sofie Esher, Julia Hambach, Angelina Lück, Antonia Puchner, Alessandra Strutzke), denen man in keinem Moment anmerkt, dass sie keine ausgebildeten Profis sind, bewegen sich gekonnt zwischen Witz und Botschaft. Die klare künstlerische Setzung, die die Darstellerinnen durch die Fantasielandschaft zwischen Drachen, Monstern und Elfen auf der Suche nach Frieden tänzeln lässt, ist beeindruckend konsequent. Wenn dann noch Lara Hüsges mit ihrer wunderschönen Sopranstimme singend traumwandlerisch durch die Kulissen schreitet oder mit ihrem Cello die Kompositionen von Shadi Kassaee interpretiert, bekommt das Arrangement eine weitere Ebene, die es zu einem kleinen, aber eindrucksvollen Gesamtkunstwerk macht.
Birgit Schmalmack vom 3.6.24