Sie sind hier: Startseite
Weiter zu: hamburgtheater A-Z berlintheater A-Z Specials Archiv Kontakt Buchprojekte ....................Suche
Allgemein: Steife Brise vs. Poetry Slam, Centralkomitee Kleiner Mann, was nun?, Ohnsorg St Pauli Theater meets Elphilharmonie 2025 Der Zusammenstoß, Malersaal Dat Frollein Wunder, Ohnsorg Die Maschine, DSH Jekyll und Hyde, Imperial Theater Der Nussknacker und mehr, Kulturkirche Altona JEEVES & WOOSTER, English Theatre Alles was wir nicht erinnern, Thalia Der Kuss, Sprechwerk Winterreise, Lichthof Bernarda Albas Haus, Schauspielhaus Slow burn, Hamburg Ballett

Der Zusammenstoß, Malersaal

Angst vor der Apokalypse

Nun kommt es: das Ende der Erde! Mitten auf dem Potsdamer Platz soll der grüne Globus, den der Astronom entdeckt hat, mit der Erde zusammenstoßen. Schon sind alle in heller Aufregung. Dass der Wissenschaftler immer wieder betont, dass er sich auch verrechnet haben könnte, nimmt schon keiner mehr zur Kenntnis. Das Gerücht rast in Windeseile durch die Stadt. Der Zeitungsverkäufer ruft es aus, die Medien berichten darüber, das Radio sendet Sondersendungen, der Sohn macht sich Sorgen um seine Mutter und der Ordnungshüter ruft sich selbst schnell zur Ordnung und will ab da den Zusammenstoß organisieren. Einzig der Wissenschaftler und seine Freundin bleiben gelassen. Letztere weil sie sich nichts Schöneres vorstellen kann, als mit ihrem Liebhaber zusammen zu sterben.
Kurt Schwitters schrieb mit Käthe Steinitz zusammen 1927 eine absurde Science-Fiktion-Groteske über diese Angst vor der Apokalypse. Regisseurin Naemi Friedmann hat sie nun im Malersaal zusammen mit einem fulminant witzigen Ensemble (Matti Krause, Carlo Ljubek, Sasha Rau, Angelika Richter) auf die schwarz-weiße Bühne der Realnische 0 (Julia Oschatz) gebracht. Hier laufen zunächst die skurrilen Personen des Stückes ein, in immer kreativeren schwarz-weiß-roten Kostüme präsentieren die nur vier Schauspieler:innen die zahlreichen Rollen, die später ihren Auftritt haben werden.
Sie sind Karikaturen ihrer selbst, die sich nur selten verständlich ausdrücken. Oft reden sie in einer Fantasiesprache oder probieren erst einen dadaistischen Buchstabensalat, bis sie zur Sprache Deutsch zurückfinden. Sie bewegen sich stets in ihrer eigenen Gedankenwelt, was sich auch in ihren jeweiligen Bewegungsmustern ausdrückt. An Kommunikation ist kaum einem gelegen. Jeder performt seine Rolle in der Gesellschaft, wird durch das Stück gnadenlos unter die Lupe genommen und in seiner Lächerlichkeit entlarvt.
Das ist nicht nur hintersinnig sondern es macht vor allen Dingen Spaß, dem ernsten Unsinn auf der Bühne zuzusehen. Aktuell ist dieses Stück außerdem: In unserer noch aufgeheizteren und schnelleren Medienwelt verselbständigen sich Gerüchte oder Fake News noch wesentlich rasanter und zunehmend sinnentleerter.
Birgit Schmalmack vom 1.1.24

Abbildung: Zusammenstoß, Malersaal - Maris Eufinger