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Das Summen der Montagswürmer

Zum Bericht von

Berliner Woche

Zur Kritik von

tagesspiegel

Summen der Montagswürmer, Ballhaus Naunynstraße

Übertönte Sprachlosigkeit

Die Ärztin ist es leid: Immer am Montag kommen die Fälle von sechszehnjährigen Mädchen mit starken Bauchschmerzen in die Notaufnahme. Meist stellt sich die Blinddarmentzündung als ein verschleierter Party-Exzess am Wochenende heraus. Und dennoch operiert die Chirurgin, um allen damit einen Gefallen zu tun. Doch heute hat sie sich mit einem ganz anderen Fall zu befassen. Ihr eigener Vater kommt ins Krankenhaus.
In „Das Summen der Montagswürmer“ von Tugsal Mogul werden viele Worte gemacht, am liebsten auf Fachlateinisch, um die eigentliche Sprachlosigkeit zwischen den Menschen zu überdecken. So glänzt auch die Krankenhauseingangshalle wie eine Hotellobby. Man leistet sich einen eigenen Pianisten, eine Wasserfallanimation und viel blitzendes Glas, um von der Leere abzulenken.
Denn die Krankenhausmanagerin interessiert nur die eine Zahl am Ende ihrer Tabellen: der Gewinn. Dieser ist für sie die Zahl, die alles im Krankenhaus im Innersten zusammenhält. Die Ärztin ist gezwungen in allen Menschen nur den zu operierenden Fremdkörper, der schnellstmöglich entfernt werden muss, zu sehen. Ihre Mutter, die frühere Putzfrau und unbezahlte Dolmetscherin, ist gegen Zeitarbeitskräfte ausgetauscht worden. Ihr Vater, der Krankentransporteur, ist in Rente. Nun kommt er als Patient. Viel zu spät kann nur die Diagnose gestellt werden: schnell tödlicher Magenkrebs. Da nützen all die schönen Fachbegriffe der erfahrenen Chirurgin, all die schönen betriebswirtschaftlichen Auflistungen der Krankenhausmanagerin nichts, da hilft nur noch Schweigen.
Denn Sprachlosigkeit hat sich nicht nur in den Familien der eingelieferten Montagsmädchen sondern auch in dieser Familie ausgebreitet. Der Text weist auf gesellschaftlich relevante Themen hin. In einer alternden Gesellschaft mit sich auflösenden Familienstrukturen, mit pflegebedürftigen Migranten der unterschiedlichen Muttersprachen, mit immer stärker betonter Betreibwirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebes steht die Gesellschaft vor Problemen, vor denen sie nur zu gerne die Augen verschließen möchte, denn sie heißen sich mit dem Themen Tod und Sterben zu konfrontieren. Der Autor hat sein kurzes Stück selbst in Szene gesetzt. Es thematisiert wichtige Themen, doch leider wird eher von ihnen berichtet als mitfühlend erzählt. So können sie bequem in der Distanz verbleiben, die das Stück eigentlich anprangern wollte.
Birgit Schmalmack vom 14.10.13

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