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Stoffwechsel

Stoffwechsel

Berauschender Stoff
Ein Zirpen, ein quietschen ein Knirschen. Die Geräusche sind nicht genau zuzuordnen. Ein Licht beleuchtet kurz eine Maske, ein Gesicht? Dann sind zwei Hände zu sehen, eine kauernde Gestalt. Doch sie scheint in der Luft zu schweben. Christine Bonansea spielt in ihrem intensiven Stück „Floaters #1“ mit der Wahrnehmung. Mit Projektionen auf ihren Körper verwirrt sie zusätzlich, zumal die Strukturen wie die Verschlingungen des menschlichen Gehirns aussehen. Doch was treibt die Tänzerin um? Sie scheint mal vom Wahnsinn ergriffen, mal in freudiger Erregung, mal in höchster Verzweiflung. Ihre Bewegungen lösen vielfältigste Assoziationen aus. Eine sehr intensive, fordernde Arbeit, die volle Aufmerksamkeit und Einlassung brauchte.
Ganz anders die zweite Inszenierung des letzten Stoffwechsel-Abends: „Giga Hz“ Tomi Paasonen. Sie beginnt bunt, surreal und witzig. Vier mit Tentakeln versehe Gestalten winden sich rückwärts aus der rückwärtigen Tür auf eine Bühne, die aufgeblasenen Kondomen übersät ist. Die Gestalten verbergen wenig: Sie tragen nur bunte Strumpfhosen als Bekleidung. Aber ihre Identität: Sie tragen Masken. „What do you want?“, fragt eine von ihnen mit den Zeilen von Culture Club. Die Antwort scheint klar. Doch wissen die Vier offensichtlich nicht, wie sie zu dem kommen sollen, dass sie so dringend wollen. Sie staksen, stolpern und rutschen über die Bühne, meist für sich alleine. Erst als sie auf die Idee kommen, sich mit den Kondomen ihre Gestalt (oder ihr Geschlecht?) zu verändern, indem sie sie unter ihre Strumpfhosen stecken, kommt Bewegung in die wortlose Kommunikation. Man quetscht sich aneinander, aber nur mit dem Erfolg, dass die Ballons zerplatzen. Auch das Anbinden des Anderen mit Hilfe der Tentakel gelingt nicht. Da braucht es andere Bindungskräfte: Ein paar Rollen Tesafilm scheinen es kurzfristig möglich zu machen!
Paasonen sprüht über vor Witz und Ideen, als er seine eigene Arbeit von vor über 15 Jahren „Mega Hz“ sich wieder vorgeknöpft hat. Was damals als Reaktion auf die Aids-Epedemie entstand, wird jetzt zu einem Sinnbild für die Kommunikation in Zeiten der Netztechnologien.
Ein anregungsreicher Abend im Dock 11.
Birgit Schmalmack vom 21.7.13

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