Sie sind hier: Berlin-Sommer-Special 2013
Weiter zu: Berlin
Allgemein:
Spiegelneuronen, Kampnagel
KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT
IM CABARET, AU CABARET, TO CABARET, HfMT
Eigengrau, Sprechwerk
Der alte Mann und ein Meer, HfMT
Zu Schad, Tonali
A PLACE CALLED HOME, Kampnagel
Ocean cage, Kampnagel
Der eigene Tod, DSH
Gesetze schreddern, Malersaal
Liebeserklärung
Die Spannung war groß: Wie inspirierend würde die neue Wohn- und Arbeitsweise von Pavol Liska und Kelly Copper am Berliner HAU gewesen sein? Wie viel Berlin würde am Schluss in der Episode 6 stecken? Die letztere Frage muss wohl ungeklärt bleiben. Doch so viel ist klar: Nein, eine Radioshow ist es nicht geworden. Und, es ist wohl Liskas und Coppers persönlichste Arbeit geworden. Kelly kommt dafür dieses Mal sogar selbst auf die Bühne.
Doch zunächst führt ein erster kurzer Teil in den Ausdruckstanz: Während Kristins vertonte Erinnerungen vom Band laufen, werden sie von einer Berlinerin tanzend interpretiert.
Nach einer kurzen Umbaupause ist die Kulisse eines schneeweißen Offices entstanden. Reflektionen, Selbstgespräche und Erinnerungen werden nun von den Mitgliedern des Nature Theater of Oklahoma garniert mit einigen typischen Bewegungen und markantem Tonfall zum Besten gegeben. Doch wessen? Kelly hatte angekündigt, dass sie hauptsächlich Aufzeichnungen von Gesprächen innerhalb der Truppe benutzt hätten. Doch ein europäischer Akzent ist unüberhörbar. Das alles plätschert so dahin, obwohl die Schauspieler (Rob Johanson, Anne Gridley, Julie Lamendola) mit ihren bewährten Mitteln das Beste geben.
Ein „Work in Progress“ hatte Liska angekündigt und auf die Bedeutung des Gesagten hingewiesen. Er wolle doch keine Freunde verlieren, die enttäuscht dem Nature Theater den Rücken kehrten. Doch immer wieder hörte man die Stühle klappen, die Dielen knirschen und die Türen schlagen, wenn Zuschauer gelangweilt den Raum verließen. Sie verpassten leider das Beste.
Irgendwann verliert sich der Akzent bei der vorgetragenen Erinnerungen und jetzt scheinen die Schauspieler von eigenen Wünschen, Sehnsüchten und Enttäuschungen zu reden. Dann huscht Kelly Copper links auf die Bühne, mit den bekannten Blumen im Haar zu blauem Kleid. Sie spricht davon, dass sie ihre hauptsächliche Leistung in ihrem Mut sich immer wieder mit allen Unzulänglichkeiten auf die Bühne zu wagen sehe. Mit viel Rührung in der Stimme erzählt sie von der Angst zu versagen, von ihrem unbedingten Drang weiterzumachen und von der Liebe zu ihrem Ensemble. Das sind bewegende Worte. Würde Kelly nicht mit hoch erhobenem Arm wie eine griechsche Statue auf der Lautsprecherbox dastehen und gleichzeitig behaupten, dass sei jetzt aber alles überhaupt nicht dramatisch gemeint, wäre es weniger effektvoll. Erst durch die ironische Brechung berührt es.
Klug ist auch, dass die Szene, in der anschließend alle weinen, nur als O-Ton zu hören und als Transkription zu lesen ist. Alison Weisgall spricht mit Pavol und Kelly darüber, dass sie aussteigt, weil sie Mutter werden will und hofft, dass sie diese Entscheidung nicht bereuen werde. Pavol gibt zu: Viele Leute seien wohl der Meinung, dass es außer dem Theater noch andere wichtige Dinge geben würde. Er stellt aber sofort klar, dass er und Kelly nicht dazu gehören würden. So wurde Episode 6 in Berlin zu einer Liebeserklärung für das Theater.
Birgit Schmalmack vom 11.7.13
Abbildung: Pavol Liska und Kelly Copper - by Nature Theater of Oklahoma
Erstarrt im Nichts
Nein, das Leben von Kristin Woodrall ist kein Krimi. Auch wenn das Nature Theater of Oklahoma die Episoden 3 & 4 ihres Lebens in der Kulisse einer Agatha Christie Krimis in Szene setzen. Waren die acht Live-Sprecher von Kristins Original-Aufzeichnungen bei der ersten und zweiten Episode in ihrer Musicalshow noch in jugendlichen Arobic-Aktionismus ausgebrochen, so sind sie jetzt in der Kulisse erstarrt. Das passt gut zu Kristins Leben, zu dem sie am Ende des dritten Teiles selbstkritisch bemerken muss: „Just a mess of nothing!“ Ihre Erinnerungsfetzen berichten von so wichtigen Erfahrungen wie der Pubertät im Allgemeinen und der Entdeckung der ersten Schamhaare, das Erlebnis der ersten Periode, des ersten Kusses und der vermeintlich großen Liebe im Besonderen. Wie der Erhalt einer Zahnspange zu einem Wendepunkt des Lebens werden kann, wird auch nicht ausgelassen.
Waren schon die beiden ersten Episoden nicht von großer Abwechselung geprägt, so wirkte die Weiterführung nun fast einschläfernd. Dass zum Schluss Außerirdische kommen, um sich die merkwürdige Szenerie dieser Erdlinge anzugucken, erlebten schon gut die Hälfte der Zuschauer nicht mehr. Ob die Ankündigung weiterer Episoden die Vorfreude erhöht, darf bezweifelt werden.
Birgit Schmalmack vom 24.8.12
Abbildung: Life and Times, Nature Theatre of Oklahoma - by Stocher
Gehe zu: nothing's for something Sarg niemals nie