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Das AHA bietet der queeren Performance seit vierzig Jahren eine Bühne. Der Treffpunkt in Schöneberg ist auch in Coronazeiten wieder offen für Aufführungen auf seiner kuscheligen Bühne. Vor ausgesuchten Zuschauer*innen, die an Tischen verteilt im Bühnenraum sitzen, kann das Spiel mit den Gendergrenzen verfolgt werden. Die Gastgeberin Bridge Markland hieß auf der Bühne Dieter Rita Scholl, Camp Dad and "I am very confused" willkommen. Während die Diva Dita Scholl im Smoking Gedichte von Goethe und Erich Kästner vortrug, Camp Dad eine fantasievolle Verwandlungsshow weiblicher und männlicher Simpsonsfiguren hinlegte, die herrlich selbstironisch mit der eigenen Bühnenpräsenz umging, zeigte das spindeldürre Wesen im Bodysuit mit schief aufgemalten Knochengerüst eine Performance aus der West Side Story von existenzialistischer Verzweiflung hin . "I am so pretty", singt sie zum Vollplayback mit schwarz gefärbten Zähnen, verpfuschtem Make-up und verschmierten Prinzessinnenkleidchen. Doch statt Verzweiflung dominiert diesen Abend spielerischer Witz den Umgang mit der von der Gesellschaft immer wieder gestellten Identitätsfrage.
Schon 35 Jahre steht Bridge Markland auf der Bühne. Ihre auf vielen Bühnen dieser Welt erprobten Verkleidungs- bzw. Entkleidungsszenen überraschen immer noch. Ihre enorme Wandlungsfähigkeit, die sie gleich in ihrer ersten Szene beweis, ist erstaunlich: Als gebrechlicher alter dicklicher Mann humpelte sie schwerfällig auf die Bühne, um sich dort in eine junge überaus bewegliche junge Frau im Minikleid zu verwandeln. Und das alles nur, um die Zigarre, die dem Alten aus der Hand fiel, endlich aufheben zu können.
Doch wie spielt man als 59-Jährige eine Angela Glamour im sexy Glitzerkleid, die sich lasziv auf der Bühne entkleiden soll? Ganz klar: indem man genau die Jahre zwischen der Entstehung der Rolle bis heute zum Thema macht und die Figur damit ebenfalls um 35 Jahre altern lässt. Dann wird ein Fast-Strip zu einer gelungenen Parodie auf die Veränderungen des Körpers. Doch Bridge Markland lässt auch Weihnachtsmänner aus Penis-Elchen schlüpfen, die sich zu Osterhasen wandeln, zeigt als Bananen Gitti mit reduzierten Gesten, wie erotisch eine Banane wirken kann, und erklärt als Kleinganove Sascha Sehrschön mit seinem aus der Jackentasche aufragendem Penis: "It is a mans world."
So wurde der Abend zu einer kleinen Reise durch die Generationen der queeren Darstellungskunst. Zwei erfahrene Performer*innen standen mit zwei jungen Nachwuchskünstler*innen auf der Bühne. Während die jüngeren mit viel Material und Kostümierungen arbeiten, reduzierte sich die Requisitenanzahl mit der Zunahme der Lebensjahre. Ausdruck, Energie und Ausstrahlung haben sie alle auf ihre eigene Weise. Auf der Bühne des AHA findet alles seinen Platz und sein aufmerksames Publikum.
Birgit Schmalmack vom 26.10.20
Abbildung: Camp Dad - im AHA
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