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Sechs Solostücke waren bei der "Gala der Preisträgerinnen des 27. Internationalen Solo-Tanz-Theater Festival Stuttgart 2023", die im Hamburger Monsuntheater ein Gastspiel gab, zu sehen. Sechs Tänzer:innen zeigten getanzte Selbstbefragungen, die unter die Haut gingen. Die Haltung fast aller Kurzdarbietungen unterstrich die Ernsthaftigkeit ihrer Erkundungsreisen. Wie fest mit dem Boden verwachsen beginnt die Tänzerin Dominyka Markevičiuté in "She Dreamt of Being Washed Away To the Coast". Zuerst sind es nur einzelne zaghafte Veränderungen ihrer Gliedmaße, die sie wagt. Erst nach und nach traut sie sich auch von der Stelle.
Auch die weiteren Choreografien, die von den ausgezeichneten Tänzer:innen interpretiert wurden, widmeten sich den schwerwiegenden, hintergründigen Fragen der Zeit, wie denen nach der Identität, der Konformität und der Überwindung von persönlichen und gesellschaftlichen Grenzen.
Auch „Drown“ von Liao Szu-Wei und „Saudade“ von der Italienerin Cecilia Bartolino, handeln von den Dingen im Leben, die einen Menschen herunterziehen können und überwunden werden wollen. Eine Selbstbefreiung der anderen Art tanzt Nunzia Picciallo in ihrer mutigen, selbst entblößenden Choreografie „WAMI“, was so viel bedeutet wie „What AM I“. Sich schon immer zwischen den Geschlechtern sehend, traut sie sich zu ihrem ganz eigenen Selbstverständnis, ihrer Körperlichkeit und Identität zu finden. Mit auf der entblößten Brust aufgemalten Engelsflügeln tanzt sie sich von Gender-Konventionen frei.
Sehr dramatisch kommt der im Gewand eines buddhistischen Mönches gekleidete Charles Brecard aus dem französischsprachigen Kanada im von ihm entwickelten Stück „Il pleut, il plaint, il rage“ daher. Seine expressive Transformation untermalt er mit Klagen und Schreien, die deutlich machen, dass Veränderung auch mit Schmerz und Kampf verbunden ist.
Den Schlusspunkt setzt Louis Gillard mit einer selbstironischen, gewitzten Vorstellung namens „Pif paf pouf“. Auch dies eine Selbsterkundung, aber eben der ganz anderen Art. Er erzählt mit großer Lässigkeit und voll spielerischem Übermut von seiner Liebesgeschichte mit dem Tanz. Er springt und hüpft scheinbar ganz spontan als Feier des Augenblicks über die Bühne. Er treibt selbstironischen Schabernack mit den Zuschauern und zeigt zum Schluss der Gala, dass Tanz auch einfach nur Spaß machen kann. Ein wohltuender Abschluss eines Abends, der ansonsten ganz im Zeichen der Ernsthaftigkeit und der Dramatik stand.
Birgit Schmalmack vom 5.12.23
Abbildung: Gala der Preisträger:innen, Monsun - © Jo Grabowski