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Therapie für eine jüdische Mutter
Wenn ein sturer Westfale und eine temperamentvolle Jüdin zusammen eine Familie in Deutschland gründen wollen, sind die Schwierigkeiten vorprogrammiert. Sowohl von der einen wie von der anderen familiären Seite sind kaum Begeisterungsstürme zu erwarten. Die Sprößlinge dieser Verbindungen mögen zwar hochbegabt sein, aber dennoch ständig für Aufruhr im Gefühlshaushalt der Eltern sorgen. Die Therapie einer jüdischen Mutter der Zweit- oder Drittgeneration im Land der Täter kann sich über Jahre hinziehen.
Als sich der älteste Sohn David dann auch noch der zionistischen Jugend anschließt und nach Israel auswandern will, um endlich ausreichend Abstand zu seinem Vater, den er nur "Doitscha" nennt, zu bringen, geht die Mutter endgültig mit ihren Nerven auf dem Zahnfleisch. Dass sie nebenbei auch eine Rede zur Jahrestag der Reichsprogromnacht in der Paulskirche halten soll, macht ihre Lage nicht einfacher. Ihr Ehemann, der am liebsten langsam schweigt, ist ihr dabei keine Hilfe. Nur ihr jüngerer Sohn Sammy sorgt mit seinem liebevollen, ausgleichenden Kinderwitz für etwas Auflockerung der familiären Großwetterlage.
Davon kann die Schriftstellerin Adriana Altaras auch aus eigener Erfahrung Bücher schreiben, dessen letztes "Doitscha" Regisseur Michael Weber jetzt im Polittbüro auf die Bühne gebracht hat. Mit nur vier Schauspielern, vier Stühlen und einem Tapetentisch schafft es die Inszenierung in schnellen Schnitten und ebensolchem Rollenwechsel ein lebendiges Bild der bikulturellen Familie zu zeichnen. Das ist nicht nur der selbstironischen, intelligenten Textvorlage sondern vor allen Dingen den vier hervorragenden Darstellern (Tommaso Cacciapuoti, Kai Hufnagel, Ruth Marie Kröger, Sandra Maria Schöner) zu verdanken. Eine sehenswerte Eigenproduktion im Polittbüro, die viele Zuschauer verdient hat.
Birgit Schmalmack vom 11.9.17
Abbildung: Doitscha im Polittbüro - Fotos: Engerfoto
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