Sie sind hier: Lichthof
Weiter zu: HH-Theater I-S
Allgemein:
Spiegelneuronen, Kampnagel
KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT
IM CABARET, AU CABARET, TO CABARET, HfMT
Eigengrau, Sprechwerk
Der alte Mann und ein Meer, HfMT
Zu Schad, Tonali
A PLACE CALLED HOME, Kampnagel
Ocean cage, Kampnagel
Der eigene Tod, DSH
Gesetze schreddern, Malersaal
Nationale Verbundenheit?
Was bedeutet nationale Identität heute in einem Europa, in dem überall wieder rechte Parteien an Zulauf gewinnen und in einem Deutschland, in dem die AfD in den Bundestag eingezogen ist? Diesen drängenden Fragen widmete sich der Perfomance-Abend "We present" im Lichthof. Vor Projektionen von blühenden Rapsfeldern zeigten zunächst die Kremper Fahnenschwenker, die Lea Burkhalter und Marlene Lockemann eingeladen hatten, eine regionale Verbundenheit, die in Zeiten der fortschreitenden Globalisierung rührend unzeitgemäß wirkt. Und dennoch deutlich macht, dass das Schätzen von Traditionen noch keine politische Haltung bedeuten muss. Doch ohne jede Rahmung durch die Initiatoren der Performance blieb sie in ihrer Aussage seltsam in der Schwebe.
Umso explizit politischer war der nächste Teil des Abends, den Anne & Ich mit Afrotak TV präsentierten: „Nothing about us without us – remains. Eine Rede“. Das Reanactment einer spektakulären Rede stand auf der Bühne. Staatssekretärin Frau Pieper hatte sie anlässlich der Rückgabe von in der Kolonialzeit geraubten Gebeine an Vertreter Namibias von 2011 gehalten. Die Gebeine wurden im Zuge des deutschen Völkermordes an den Herero und Nama zu medizinischen Experimenten in die Berliner Charite gebracht, dort aber zu pseudo-wissenschaftlichen Unterfütterung einer Rassenideologie benutzt. Obwohl die Performance nur den realen Text der Rede benutzt, wird klar, dass Pieper in Vertretung Deutschlands unterschwellig keinen Austausch auf Augenhöhe anstrebt. Kleine Variationen in Piepers Tonlage, ihrer Körperhaltung, ihrer Gestik entlarven ihr unterschwelliges Hinhalten und Kleinhalten des Gegenübers. Pieper erscheint wie eine Marionette mit einem unwürdigem Auftrag der Politik. Von Versöhnung statt Entschuldigung ist stets die Rede. Denn: Würde ein Genozid zugegeben, hätte dieses Eingeständnis Reparationszahlung zur Folge. Was natürlich zu vermeiden ist, so lange das Gegenüber machtlos gehalten werden kann.
Die Kontextualisierung durch die AktivistInnen Adetoun und Michael Küppers-Adebisi von Afrotak TV hätte es nicht unbedingt bedurft. Die starke Performance von Anne&Ich sprach eigentlich für sich. Das ohne Pause anschließende, fast ebenso lange Podiumsgespräch verstärkte nicht unbedingt dessen eindrücklichen Aussagen, sondern barg in sich eher die Gefahr des Zerredens.
Birgit Schmalmack vom 10.11.17
Abbildung: Das große Feuer - Copyright: Christian Kleiner