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Allgemein:
Spiegelneuronen, Kampnagel
KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT
IM CABARET, AU CABARET, TO CABARET, HfMT
Eigengrau, Sprechwerk
Der alte Mann und ein Meer, HfMT
Zu Schad, Tonali
A PLACE CALLED HOME, Kampnagel
Ocean cage, Kampnagel
Der eigene Tod, DSH
Gesetze schreddern, Malersaal
"Das war jetzt das letzte Mal, dass ich dieses Spiel mit dir gespielt habe", verkündet Charlotte (Ursina Lardi), nachdem sie mit ihrem Bruder Felix (Devid Striesow) zum wiederholten Male in die Rolle der Eltern geschlüpft ist. Sie ist 11 Jahre, ihr Bruder 10 Jahre alt. Seitdem sie ihre Eltern durch einen Unfalltod verloren haben, versuchen die beiden Geschwister auf ihre Art diesen Verlust zu kompensieren. Sie lassen beim Strandurlaub ihre Elternteile durch das Nachspielen ihres liebevollen Gekabbels wieder lebendig werden. Beim Streiten, Massieren, Einreiben von Sonnencreme. Charlotte versucht dabei Felix solch notwendige Kulturtechniken wie Küssen und Umarmen beizubringen.
Beide sind verrückt nach Trost und werden es ihr Leben lang bleiben. Als ein Taucher (Sebastian Blomberg), der eigentlich lieber für immer unten am Meeresgrund geblieben wäre, an den Strand gespült wird, fragen sie ihn gleich: "Hast du Kinder, willst du welche?" Doch auch dieser Mensch ist eher auf der Suche nach Halt und Trost, als das er welchen bieten könnte.
Charlotte sieht ein, dass sie hier die eigentlich Starke ist. Sie hätte immer schon absichtlich nachts wach bleiben müssen, damit sie die anderen nicht mit ihrer geballten Energie umgehauen hätte. Als sie als erwachsene Frau in Form eines achtarmigen Octopus mit neun Gehirnen wieder auf der Bühne erscheint, wird klar, dass ihr diese Stärke in puncto Lebensglück nicht so viel gebracht hat. Von einer Beziehung ist sie so weit entfernt wie ihr Bruder. Der nähert sich zwar immer wieder Menschen an, kann aber nichts dabei empfinden. Auch der geduldige Mann mit dem überaus realen schönen Bauch (Andre Jung), mit dem er im Bett landet, kann nur sehr kurzfristig eine Lebensregung in ihm hervorzaubern. Der frühe Verlust hat Felix gefühllos werden lassen.
Die 88-jährige Charlotte erlebt endlich im Pflegeheim ein spätes Glück. Liebevoll wird sie von einem Pfleger umsorgt, auch wenn sich zum Schluss herausstellt: Es ist nur eine wunderbar weit entwickelte Version des neusten Pflegeroboters.
Zwischendurch tauchen in Thorsten Lensings Stück "Verrückt nach Trost", für den er auch den Text schrieb, noch eine Schildkröte, ein Orang Utan, ein Perlhuhn-Kugelfisch und ein Falscher Clownfisch auf. Alle von seinen vier überragenden Darsteller:innen lebensnah gespielt. In der ersten Hälfte ist der Ansatz seiner Inszenierung noch betont spielerisch und komödiantisch, passend zu dem Alter der beiden Protagonisten. Doch nach der Pause werden mit fortschreitenden Alter von Charlotte und Felix die Untertöne, die nach Sinn, Leben, Tod, Einsamkeit und Verlorenheit fragten immer drängender. Ein tief schürfender Abend, der von allem etwas hatte, von Klamauk und Ernst, von Humor und Tiefgang, von Tieren und Menschen, von Albernheit und Philosophie. Und obendrein ein Fest der Schauspielkunst. Was will man mehr von einem Theaterabend?
Birgit Schmalmack vom 21.11.22
Abbildung: Verrückt nach Trost - © Armin Smailovic
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