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Five easy pieces, Kampnagel

Five easy pieces, Kampnagel



Theater ist wie Puppenspiel, nur mit echten Menschen

Ist es zu verantworten, dass Kinder die Gewalttaten, die ein Mörder und Vergewaltiger an Kindern verübt hat, auf der Bühne nachspielen? Diese Frage begleitet die Inszenierung "Five easy pieces" von Milo Rau seit ihrer Entstehung bei jedem ihrer Gastspiele. Der Schweizer Regisseur Rau hatte für eine Auftragsarbeit am belgischen Campo sechs Kinder gecastet, um mit ihnen Teile der belgischen Geschichte zu bearbeiten. Ihn interessierte dabei der belgische Kolonialismus und seine Verknüpfung zu den Verbrechen des Kindermörders Marc Dutroux, der in Belgisch-Kongo geboren worden ist.
Das Besondere dieser Arbeit ist aber nicht nur diese gewählte Themengrundlage, sondern dass Rau sie auch dazu nutzt, um die Machtverhältnisse zwischen Regisseur und Schauspieler grundsätzlich zu hinterfragen. Es geht ihm dabei weniger um die Verbrechen von Dutroux sondern um ihre mediale Inszenierung durch Schauspieler. Dass er Kinder für dieses Unterfangen engagiert, spitzt die Frage der Machtverhältnisse weiter zu. Dennoch machte das anschließende Publikumsgespräch, in dem der Dramaturg Stefan Bläske und der erwachsene Schauspieler Hendrik Van Doorn, der den Regisseur spielt, über den Entstehungsprozess der Produktion Rede und Antwort stehen, sehr deutlich, dass Milo Rau in keinem Moment die große Verantwortung gegenüber den Kindern aus den Augen verlor. Eine Kinderpsychologin war die ganze Zeit Teil des Teams, die Eltern der Kinder wurde über jeden Schritt aufgeklärt und die intensive Aufklärung der jugendlichen Schauspielern während ihrer Arbeit war Teil des Prozesses. So ist eine in jeder Hinsicht vielschichtige Arbeit entstanden, die sorgsame die verschiedensten Schichtungen von Macht und Ohnmacht reflektiert. Nicht nur die zwischen Kolonialmachthabern und Einheimischen, Dutroux und seinen Opfern sondern auch zwischen Regisseur und Schauspieler. Dass dabei für die Szenen, die die Kinder nachspielen sollten, stets das Mittel Film eingesetzt wurde, inszenierte die Emotionen noch auf eine besonders manipulative Art und Weise. Eine sehr durchdachte, intelligente, stringente und sehenswerte Arbeit.
Birgit Schmalmack vom 4.12.17

Abbildung: Five easy pieces - Foto: Phile Deprez

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