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Allgemein:
Spiegelneuronen, Kampnagel
KEIN SCHÖNER SCHLAND, Hf MT
IM CABARET, AU CABARET, TO CABARET, HfMT
Eigengrau, Sprechwerk
Der alte Mann und ein Meer, HfMT
Zu Schad, Tonali
A PLACE CALLED HOME, Kampnagel
Ocean cage, Kampnagel
Der eigene Tod, DSH
Gesetze schreddern, Malersaal
Wie löst man sechzig Jahre Familie auf?
Nun ist auch der Vater gestorben. Die vier Schwestern sind angereist, um das Haus aufzulösen. Doch drei von ihnen sind mit ihren wichtigen Posten über die ganze Welt verstreut unabkömmlich; übrig bleibt nur eine: Einzig die freischaffende Schauspielerin Agnes scheint Zeit für die Auflösung von sechzig Jahren Familie zu haben. Versorgt mit guten Ratschlägen der großen Managerin-Schwester bleibt sie alleine zurück mit einem bis zum Speicher gefüllten Haus voller Erinnerungen.
Gilla Cremer steht vor einer Pyramide von Pappkartons. Noch sind sie alle sorgsam aufgeschichtet. Doch bald wird sie den ein oder anderen herausziehen und für immer größeres Chaos im Haus, in ihrem Kopf und Gefühlen sorgen. Denn der Rat „Alles was von einem Leben übrig bleibt, kann weg“ klingt nur in der Theorie gut. In der Umsetzung spielen die eigenen Erinnerungen nicht mit. Schon beim Aufmachen des Wäscheschrankes sorgen die Gerüche für eine Flut von aus dem Gedächtnis auftauchenden Kindheitserlebnissen. Plötzlich will der gelbe Kopfkissenbezug, der so nach Papa riecht, der glänzende Morgenmantel, der den Mutterduft aussendet, das kleine Geweih, das Hochzeitsfoto, der große Flurspiegel auf keinen Fall entsorgt werden und unbedingt aufbewahrt werden. Zum Schluss entscheidet sie sich nicht zum Archivar des Lebens ihrer Eltern zu werden, sondern zurück in ihr eigenes zu gehen. Der Anruf beim Entrümpler sichert das Entkommen aus der Melancholie der Vergangenheit. Denn auch pragmatisch erstellte Listen schützen nur bedingt vor dem Versinken in einer vergoldeten Sentimentalität.
Gilla Cremer stellt die Berg- und Talfahrt der Gefühle mit liebevollem Blick, einem Quentchen Selbstironie und großen Charme dar. Sie lässt weder die Geborgenheit noch die Abgründe und Einengungen der umarmenden Familie zu kurz kommen. Sie stellt sich und ihren Zuschauer ganz nebenbei die Fragen: Wie viele Dinge braucht der Mensch eigentlich? Was sagen Dinge über ein gelebtes Leben aus? Will man das alles wissen? Ein warmherziger, kluger Abend.
Birgit Schmalmack vom 31.3.14
Abbildung: Die Dinge meiner Eltern - Bo Lahola
Abendblatt |
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