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Ein Sommernachtstraum

Zur Kritik von

Abendblatt
Godot

Sommernachtstraum, Malersaal



Wo die Liebe hinfällt

Eine blasierte High-Society-Gesellschaft sitzt stumm auf weißen Ledersofas. Hinter ihnen das eindrucksvolle Athener Panorama. Per Telefon ergeht der Befehl des Vaters: Hermia (Rebecca Marie Mehne) darf ihren Lysander (Ian McMillan) nicht heiraten, sondern muss den ihr bereits versprochenen Demetrius (Julius Feldmeier) ehelichen, was auch die in ihn verliebte Helena (Anne Wiese) verdrießt. Sie stopft aus dem neben stehenden Gummibaumtopf eine Hydrokugel nach der nächsten in sich hinein.
Was so konventionell beginnt, wird schnell zu einer abenteuerlichen Achterbahnfahrt der Einfälle. Samuel Weiss hat seine zweite Regiearbeit mit den Studierenden der Theaterakademie auf die Bühne gebracht. Nach „Baal“ nimmt er sich nun einen echten Klassiker vor: den „Sommernachtstraum.“
Handwerker stürmen die Bühne: Wir sollen hier die vierte Wand abmontieren! Das Spiel im Spiel beginnt. In Arbeiteranzügen beseitigen die Arbeiter auf der Bühne jedes High-Society-Ambiente. Das rohe Bretter-Podest wird in die Mitte gerollt. Hier wollen die Handwerker ihre Darbietung für den König proben.
Weiss nutzt Shakespeares Einlage zu kleinen Seitenhieben auf den Theaterbetrieb. So hat Regisseur Peter seine Skript-Assistentin Ulrike immer dabei. Wenn die eine Darstellerin getröstet werden muss, nimmt er diese einfach auf seinen Schoß und ruft „Menschentraube!“ Auch die sehr moderne Brechung der Figur durch einen Austritt aus der Rolle wird hier schon einmal vorhergenommen. Damit die Damenwelt nicht so sehr über den Verlauf der Handlung erschrecke, tritt Pyramus (Justus Ritter), bevor er sich den Dolch in die Brust stößt, aus der Rolle und betont mehrmals, dass er als Zettel weiterleben würde.
Die verhinderten Liebespaare sind inzwischen geflüchtet. Die Bretter, die zuvor die Welt bedeuteten, werden schnell zum Wald. Im Areal von Oberon (Christoph Türkay) sind sie angekommen. „Pucki“ (Julia Riedler) ist auch schon da und steht ihrem Herrn und Meister Oberon zur Verfügung. Dieser will sein eigenes Liebesglück mit seiner Titania wieder herstellen und bedient sich dazu der Zauberkräfte einer Pflanze: Der zweite Auftritt des Gummibaumes!
Die Bretter unter ihnen werden unruhig. Einzelne Planken heben und senken sich. Bemützte Köpfe zeigen sich: Titanias (Katharina Lütten) Elfen stecken als kleine Teletubbies ihre Köpfe heraus. Da Pucki selten aufmerksam zuhört, wenn sie ihre Aufträge bekommt, verteilt sie das luststeigernde Zaubermittel sehr großzügig. Das sorgt zunächst für weitere amüsante Verwicklungen, bis schließlich die richtigen unter seine Wirkung gelangt sind.
Weiss nutzt die Shakespearschen Text als Steilvorlage für einen energiegeladenen, unterhaltsamen, spielerischen Abend, der nicht nur seine Talente als einfallsreicher Regisseur sondern auch die Talente der Theaterakademiestudenten als wandlungsfähige, spielfreudige Schauspieler im ständigen Rollenwechsel bestens zur Geltung brachte.
Birgit Schmalmack vom 21.3.12

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