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Probleme, Probleme, Probleme, DSH

Probleme, Probleme, Probleme, Schauspielhaus


Aussetzen der Gesetzmäßigkeiten

Die Verwirrung unter den Schauspielerinnen ist groß. Statt einer Bühne gibt es plötzlich zwei. Statt eines Vorhanges gibt es plötzlich zwei Spalte. Statt eines Stückes gibt es plötzlich zahlreiche. Ihre Kostüme geben Hinweise, die in alle Richtungen deuten könne. Ob weißes Hemdchen, Ritterrüstung, Karnevalskostüm, wallendes weißes Volantkleid, nichts scheint klare Zuweisungen zu ermöglichen. Vielleicht liegt ihre Verwirrung aber auch daran, dass sie heute schon wieder eine Doppelvorstellung auf der doppelten Bühne geben mussten? Oder dass eine der Kolleginnen den eigenen Text auf der zweiten Bühne gleichzeitig spricht? Eventuell befinden sie sich aber auch einfach in einer Versuchsanordnung aus der Quantenphysik? Sind sie nur die Fleisch gewordenen Verkörperung des Doppelspaltexperiments, bei dem man Photonen durch zwei schmale, parallele Spalte treten lässt? Das Interferenzmuster. das sich dann auf einem Beobachtungsschirm in einer Distanz zur Blende zeigt, spiegelt sich schließlich in dem Spannplattenmuster, das auf den Bühneportalen und den Vorhängen zu sehen ist. In der Quantenphysik wird schließlich klar, dass die Welt im Kleinen völlig anderen Gesetzmäßigkeiten gehorcht, vielleicht auch die Bühnenwelt der kleinen Schauspielerinnen in der des großen Regisseurs?
Pollesch hat in alt bewährter Manier alle Gewissheiten wieder einmal durcheinander gerüttelt. Bei ihm gibt es weder klare Rollen noch Geschichten oder Beziehungen. Auch die Themen seiner Abende verschwimmen immer mehr. Sie scheinen fast austauschbar. Eigentlich schreibt er an einem niemals endenden Stück, das nur durch längere Pausen unterbrochen und an verschiedenen Orten gespielt wird. Seine Fortsetzungen sind
Teile einer Pollesch-Serie. Sophie Rois ist meist dabei. Am Schauspielhaus auch gerne Bettina Stucky. Angelika Richter und Marie Rosa Tietjen fügen sich wunderbar ein. Doch Rois spielt sie alle an die Wand. Sie vermag selbst den bis zur Sinnlosigkeit mäandernden Textfragmenten noch die Illusion von Inhalt zu geben. Von ihr könnte Pollesch auch das sprichwörtliche Telefonbuch vortragen lassen. All das ist nicht mehr neu und mittlerweile eher zu einer Masche geworden, der aber dieses Mal leider die gesellschaftliche Relevanz fehlt, mit denen Pollesch sonst seine Stücke unterfütterte. Jetzt ist sein Beobachtungshorizont auf den Mikrokosmos Theater zusammengeschnurrt.
Birgit Schmalmack vom 6.5.19

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