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Kampf um die Gerechtigkeit
Die Trommel schlägt sie. Leise flüstert sie, beschwörend fast: "Polyneikes, Polyneikes." Schon in dieser Eingangsszene spürt man die Entschlossenheit von Antigone. Rote Haare hat sie. Wie ein Kampfanzug zu Trainers wirkt ihre komplett schwarze Kleidung. Auch der Bruder Polyneikes, um den es ihr hier geht, bekommt bei Anne Baders Inszenierung im Jungen Schauspielhaus Gestalt. Als biegsamer Tänzer, der oft die Kapuze seines Pullovers bis tief über sein Gesicht sieht, tritt Gabriel Kähler in Beziehung zu Antigone.
Mit einem lauten Knall fällt die schwarze Wand, die die Bühne nach hinten begrenzte, zu Boden. Polyneikes windet sich in einer vorher unsichtbaren Aussparung am Boden. Ein gelungener Überraschungseffekt, den Anne Bader hier findet. Hinter der zu Boden gegangenen Wand offenbart sich eine zweite, die mit lauter Sternen überseht ist.
Antigone steht in der langen Reihe einer blutvergifteten Familiengeschichte. Davon berichten die vier Schauspieler, die sich links und rechts der Bühne sitzen. Sie sei nur eins der vier Kinder von Ödipus, die er mit seiner Mutter zeugte. Zwei davon, Eteokles und Polyneikes, hätten sich gerade im Streit um die Vorherrschaft über Theben erschlagen. Ismene und Antigone seien die zwei weiteren, die nur als einzige des Geschlechtes noch übrig sind. Ihr Onkel Kreon (Hermann Book) hat die Herrschaft über Theben an sich genommen. Er erlässt nun ein Dekret, dass zwar dem einen Bruder ein Begräbnis zugesteht, es dem anderen, aufständischen Polyneikes aber unter Androhung der unter Todesstrafe verweigert. Antigone will sich diesem Verbot widersetzen. Sie bedeckt den Körper ihres Bruders mit den schwarzen Ascheflocken, die auf dem Boden verstreut sind.
Als Kreon Antigone als die Schuldige ausgeliefert wird, zögert er keine Sekunde. Auch wenn sie die Braut seines Sohnes Haimon ist, wird er die Strafe an ihr vollziehen. Da mag Haimon ihn noch so sehr vom Gegenteil zu überzeugen versuchen.
Anne Bader macht aus der Tragödie, die sich eigentlich nicht als ideales Jugendstück anbietet, eine stark verkürzte und dezidiert körperbetonte Inszenierung, die klare Fronten zeichnet. Antigone ist die Mutige, die alles wagt. Kreon ist dagegen der Machtmensch, der Patriarch und der Frauenverächter. So verkürzt sie den Diskurs zwischen Antigone und Kreon auf eine jugendtaugliche Quintessenz. Doch ihre Idee, endlich einmal den Objekt der Auseinandersetzung eine Gestalt zu geben, erweist sich als bezwingend und tragend. Der Tanz zwischen Antigone, die von Katherina Sattler, zupackend, kraftvoll und liebevoll gespielt wird, und Polyneikes ist berührend und erhellend.
Zum Schluss wird Ismene (Sophia Vogel) die Trommel greifen, die ihre Schwester zuvor geschlagen hat. Sie ist entschlossen den Kampf ihrer Schwester fortzusetzen.
Birgit Schmalmack vom 24.10.18
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