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Käthchen von Heilbronn, Thalia

Käthchen von Heilbronn, Thalia

Suche der Wahrhaftigkeit im Mystischen

Eine Versuchsanordnung: Was wäre, wenn ein Mensch nur nach seinem Glauben, seiner Liebe und seinem Gefühl handeln würde? Wie würde seine Umwelt darauf reagieren? Diese Versuchsandordnung hat Bastian Kraft in Heinrich von Kleists „Käthchen von Heilbronn“ gesehen und im Thalia Theater auf großer Bühne durchgespielt.
Gerade in dem Unerklärbaren, im Traum, im Mystischen soll die Wahrheit stecken, die in dem mit den Mitteln der Vernunft erklärbaren, offensichtlichen Leben nicht zu finden ist. Hier ist alles Show, Spiel und Intrige, deren Einsatz begründbaren Zielen folgen. Dagegen setzt das Käthchen (Birte Schnöink) ein Postulat des ehrlichen unabdingbaren Gefühls in die Welt. Sie folgt den Graf vom Strahl (Jenz Harzer) wie ein Schatten nach. Sie verlässt Vater, Heimat und Eigentum und schläft fortan bei seinen Pferden im Stall. Erklärungen für ihr Verhalten gibt sie nicht, weil sie sie nicht hat. Sie glaubt und liebt. Alle in der Umgebung, einschließlich des Grafen, sind fassungslos angesichts dieser Inbrunst an Glauben- und Willenskraft jenseits jedes vernünftigen Grundes. Dieses Mädchen verfolgt starrsinnig ihre Unterwerfung.
Sie trifft jedoch auf einen hin- und her gerissenen Zweifler, Melancholiker, Depressiven. Ein Ritter, der zwar kühn in alle möglichen Schlachten zieht, aber angesichts seiner eigenen emotionalen Wüste macht- und kraftlos ist. Das Käthchen hat nur klare Worte, die zu klaren eindeutigen Handlungen führen. Das Gegenteil ist der Graf: Er windet sich, wo er nur kann. So ist er geformt worden in seinem Ritterleben. Hier war für den Traum von Liebe und Wahrhaftigkeit kein Platz. Er lässt sich mühelos von der intriganten und falschen Kunigunde (Victoria Trauttmansdorff) in ihr Spiel verwickeln. Erst spät erkennt er in der beharrlich treuen und wahren Käthchen seine „Traumfrau“.
Kraft lässt in der letzten Szene bewusst offen, ob der Ritter den endgültigen Mut zur Entscheidung für das Käthchen finden wird. Auch hier zeigt er sich immer noch als der Spieler, der das Käthchen mit seinen Andeutungen zum Weinen bringen.
Tolle Schauspieler, ein ästhetisches Bühnenbild (Peter Baur) und dennoch hätte es etwas klarere Hinweise von Kraft bedurft, um die Aktualität seiner Fragestellung an das Stück für heutige Zuschauer deutlich zu machen und sie nicht ins Mystisch-Romantischen abgleiten zu lassen. Das universell einsetzbare Bühnenbild sorgte zwar für schöne Effekte, unterstützte aber bei Suche nach Interpretationsansätzen nicht wirklich. So bleiben die Erkenntnisse aus Krafts Versuchsanordnung leider etwas unentschlossen im Vagen hängen.
Birgit Schmalmack vom 9.3.15

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