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Die Möwe

Zur Kritik von

Spiegel-online
Nachtkritik
Abendblatt

Die Möwe, Thalia

Das Leben aushalten

Der rote Vorhang öffnet sich diesmal nicht. Wie ein von vier Seiten geschlossener Raum hängt er in der Mitte der Bühne. Eine kleine weiße Möwe ist zu erkennen, die in seinen engen Grenzen im Kreis fliegt und nicht hinausfindet. Denn die Sache mit dem ersehnten Ruhm erweist sich als schwierig. Er stellt sich nicht immer im gewünschten Maße ein und wenn doch, macht er nicht unbedingt glücklich. Das müssen sowohl der Sohn der großen Schauspielerin Konstantin (Sebastian Zimmler), das ambitionierte Nachwuchstalent Nina (Birte Schnöink) wie auch der erfolgreiche Schriftsteller Trigorin (Jens Harzer) schmerzlich erkennen. Alle träumen Sehnsuchtsgebilden nach, die für immer unerreichbar bleiben. Denn eigentlich suchen sie nicht nach dem Ruhm sondern nach der Liebe. Doch auch diese Wünsche bleiben unerfüllt, denn alle lieben gerade den Unerreichbaren.
Kostja liebt die junge ungestüme Nina. Zusammen mit ihr träumt er von großen Idealen der neuen Kunst. Doch dann kommt seine große Diven-Mama (Barbara Nüsse) mit ihrem neuen jungen Schriftsteller-Lover für den Sommer auf ihr Landgut und sein zartes Glück ist dahin. Nina verliebt sich in den schon erfolgreichen Schriftsteller und verschmäht das noch unfertige Talent Kostja. Sie folgt Trigorin in die Stadt, wird seine Geliebte während er weiter mit Irina liiert bleibt.
Nach der Pause ist das Scheinwerfer- dem heimeligen Kerzenlicht gewichen. Doch auch geselliger Familienrunde bleibt man auf der vergeblichen Suche nach dem Lebensglück. Es sind eher Hilfskonstruktionen, die sich die einzelnen Suchenden gebastelt haben. Oder wie es „die Möwe“ Nina ausdrückt: Es geht nicht um Träume sondern um Aushalten.
Leander Haußmann erweist sich als genauer Beobachter und Analyst der menschlichen Psyche. Er entdeckt selbst in dem so oft gespielten Tschechowschen Klassiker noch bisher so nicht aufgedeckte Aspekte der menschlichen Seele. Trigorin hat man selten so abhängig und fremdgesteuert gesehen. Nina selten anfänglich so jugendlich unbedarft und später so undramatisch abgeklärt. Irina selten so bedürftig nach Anerkennung und Liebe. Auch all die Nebenfiguren in diesem Lebensdrama sind von Haussmann mit viel Liebe – auch zum komödiantischen Detail - gezeichnet. Schade dass die Bühne in ihrer schlichten Symbolik dabei eher im Wege steht als zum Spielen mit dem Raum einlädt.
Birgit Schmalmack vom 29.4.14

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